Parlamentskorrespondenz Nr. 1017 vom 05.10.2023

Minister Brunner: Finanzausgleich erstmals an Ziele und Reformen geknüpft

Debatte im Finanzausschuss über Ausbau der Kinderbetreuung, Maßnahmen gegen die Teuerung sowie strengere Regeln für das Glücksspiel

Wien (PK) – Die grundsätzliche Einigung zwischen Vertreter:innen des Bundes, der Länder, der Städte und Gemeinden auf den Finanzausgleich für die Periode 2024 bis 2028 fand heute auch ihren Niederschlag in der Ausschusstätigkeit des Parlaments. Mit der Festlegung auf ein Gesamtvolumen in der Höhe von 2,4 Mrd. € sei ein wichtiger Grundstein gelegt worden, die nächsten Schritte müssten nun folgen, erklärte Bundesminister Magnus Brunner im Finanzausschuss. Besonders hob er die geplante Einrichtung eines Zukunftsfonds (1,1 Mrd. €) sowie die Tatsache hervor, dass es erstmals gelungen sei, den Finanzausgleich mit Zielen und Reformen zu verknüpfen. Eine erste Evaluierung soll nach zweieinhalb Jahren durchgeführt werden.

Ausgangspunkt für die Diskussion bildeten unter anderem zahlreiche Anträge der Opposition, die jedoch allesamt vertagt wurden. Aus Fristwahrungsgründen ebenso vertagt wurde das Volksbegehren "BARGELD-Zahlung: Obergrenze Nein!", das von über 121.000 Menschen unterzeichnet wurde.

SPÖ drängt auf raschere Fortschritte beim Ausbau der Kinderbetreuung und will Mehrwertsteuer auf Nahrungsmittel senken

In einem engen Zusammenhang mit dem Thema Finanzausgleich stand sogleich die SPÖ-Forderung nach einem Rechtsanspruch auf Kinderbildung ab dem ersten Lebensjahr (3311/A(E)). Um dies zu gewährleisten bräuchten nämlich Länder und Gemeinden ausreichend Mittel, argumentierte Abgeordnete Selma Yildirim (SPÖ). Aufgrund der Blockade einer politischen Partei sei im Bereich Elementarpädagogik in den letzten Jahren viel zu wenig weitergegangen; hier brauche es einen ambitionierteren Zugang. Da derzeit viele Zahlen in den Medien genannt werden, sei ihr auch nicht klar, wieviel Geld nun genau in den Ausbau der Kinderbetreuung fließen werden.

NEOS-Mandatarin Karin Doppelbauer unterstützte die Intention des Antrags. Auch wenn es nun zusätzliche Mittel geben soll, so würde es weiterhin an verbindlichen Zielen und Sanktionsmöglichkeit fehlen, lauteten ihre Kritikpunkte am Ergebnis des Finanzausgleichs.

Die Finanzausgleichsverhandlungen hätten im Bereich Kinderbetreuung ein sehr gutes Ergebnis gebracht, urteilte hingegen Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP). Wie bereits Bundeskanzler Nehammer angekündigt habe, sollen dafür bis 2030 insgesamt 4,5 Mrd. € bereitgestellt werden.

Finanzminister Brunner informierte darüber, dass der geplante Zukunftsfonds mit 1,1 Mrd. € dotiert sein soll, wobei 500 Mio. € für die Elementarpädagogik vorgesehen seien. Dieser Betrag soll jährlich valorisiert werden. Zusätzlich gebe es aber auch noch andere Töpfe, um den Ausbau der Kinderbetreuungsangebote zu fördern, merkte er an. Im Finanzausgleich seien zwar keine Sanktionen vorgesehen, aber konkrete Zielvorgaben. Falls diese erreicht werden, können die restlichen Gelder auch für andere Projekte verwendet werden. Brunner sah darin einen wichtigen Anreiz etwa für die Gemeinden, die Maßnahmen auch tatsächlich umzusetzen.

Gebührenstopp auf Gemeindeebene, Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel, Absicherung der Pendlerpauschale

Durch die aktuell "explodierenden" Energie-, Heiz- und Betriebskosten würden die Wohnkosten aller Haushalte ansteigen, zeigten die Freiheitlichen in einem Antrag auf. Zur Entlastung der Bevölkerung sollten die Gemeindegebühren in den kommenden Jahren eingefroren oder gesenkt werden, forderte FPÖ-Mandatar Gerhard Kaniak (3513/A(E)). Im Gegenzug müssten die Kommunen natürlich im Rahmen des Finanzausgleichs mit ausreichend finanziellen Mitteln ausgestattet werden.

Max Lercher (SPÖ) zeigte sich besorgt über die schwierige finanzielle Lage von sehr vielen Gemeinden in Österreich, die auch ständig neue Aufgaben hinzubekommen würden. Über kurz oder lang müsse über einen neuen vertikalen Verteilungsschlüssel nachgedacht werden, war er überzeugt. Dieser müsste für die Kommunen zumindest 15 % der Steuereinnahmen betragen.

Erst heute wurde im Bundesrat ein Zweckzuschuss für die Gemeinden in der Höhe von 150 Mio. € beschlossen, damit sie auf die volle Inflationsanpassung von Wasser- und Müllgebühren verzichten können, erinnerte Elisabeth Götze (Grüne). Mit dem neuen Finanzausgleich seien nun die Weichen gestellt, damit die Gemeinden ihre Ausgaben decken können.

Wenn der vertikale Verteilungsschlüssel geändert würde, dann gebe es einfach nur mehr Geld und keine konkreten Zielvorgaben, gab Finanzminister Brunner zu bedenken. Man habe sich nun darauf geeinigt, den anderen Weg zu beschreiten, betonte er, beides gehe eben nicht.

Die Teuerung in Österreich sei so hoch wie seit 70 Jahren nicht mehr, es brauche dringend inflationsdämpfende Maßnahmen, zeigten auch die Sozialdemokrat:innen auf (3522/A(E)). Angesichts der seit 2020 um 26 % gestiegenen Nahrungsmittelpreise soll daher die Mehrwertsteuer auf Nahrungsmittel des täglichen Bedarfs sofort und temporär gesenkt werden. Zusätzlich soll eine Verpflichtung zur Weitergabe dieser Abgabensenkungen an die Konsument:innen mit empfindlichen Strafen verankert werden. Dies wäre EU-rechtlich möglich und könnte auch kontrolliert werden, war Selma Yildirim (SPÖ) überzeugt. Eine andere Meinung vertrat Klaus Lindinger (ÖVP). Die meisten Wirtschaftsexpert:innen würden davon abraten, da es sich um eine Förderung nach dem Gießkannenprinzip handeln würde.

Die FPÖ fürchtete zudem um den Fortbestand der Pendlerpauschale. Das türkis-grüne-Regierungsprogramm sehe eine Ökologisierung und Erhöhung der Treffsicherheit der Pendlerpauschale vor, so Hubert Fuchs, der erneut eine Reduzierung oder gänzliche Abschaffung ablehnte (387/A(E)). Auch im Produktivitätsbericht wurde die Pendlerpauschale als Fehlanreiz tituliert. Er erkundigte sich daher nach den diesbezüglichen Plänen von Finanzminister Brunner, zumal der dritte Teil der "öko-asozialen" Steuerreform seiner Meinung nach noch ausstehe. Für ihn sei die ökosoziale Steuerreform abgeschlossen, entgegnete der Ressortchef.

Die drei Entschließungsanträge wurden mit ÖVP-Grünen-Mehrheit vertagt.

NEOS: Kalte Progression zu hundert Prozent abschaffen, Überstundenzuschläge stärker begünstigen, Reform der Altersvorsorge

Weiters erneuerten heute im Ausschuss die NEOS ihre Forderung nach einer vollständigen Abschaffung der kalten Progression, und zwar rückwirkend mit 01.01.2022 (3574/A(E)). Es sei nicht fair, dass derzeit nur 67 % an die Bürger:innen zurückgegeben würden, unterstrich Karin Doppelbauer (NEOS). Dem widersprach Gabriel Obernosterer. Die kalte Progressionen wurde zu 100 % abgeschafft, für ein Drittel der Einnahmen gebe es nur mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Auch Jakob Schwarz von den Grünen verteidigte das geltende Modell, weil man damit zielgerichtete Maßnahmen setzen könne.

Änderungen wünschten sich die NEOS auch bezüglich des Einkommensteuersystems, das aufgrund der steilen Progression den Trend zur Arbeitszeitreduktion begünstige, konstatierte Gerald Loacker (NEOS). Sein konkreter Vorschlag zielte auf eine Ausweitung der Steuerbegünstigung der Überstundenzuschläge ab. Diese sollte in Hinkunft für die Zuschläge der ersten 20 Stunden gelten (3584/A). Außerdem soll die aktuelle Obergrenze von 86 € fallen, die zuletzt 2009 an die durchschnittliche Lohnentwicklung angepasst wurde.

In einem weiteren Antrag setzten sich die NEOS für eine Reform der privaten und betrieblichen Altersvorsorge ein. Geht es nach Gerald Loacker, so soll die betriebliche Altersvorsorge auf alle Beschäftigten ausgeweitet und eine entsprechende Informationsoffensive gestartet werden (2613/A(E)). Derzeit stellten die sogenannte zweite und dritte Säule nur ein Nischenprogramm dar, das nicht für die breite Masse zugänglich sei.

Alle drei Initiativen wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

Volksbegehren gegen Obergrenzen bei Bargeldzahlungen soll im Dezember behandelt werden

Eine große Mehrheit der Österreicher:innen sei gegen die Einführung von Bargeldobergrenzen, betonte der stellvertretende Bevollmächtige des Volksbegehrens Anatolij Volk bei der Behandlung des Volksbegehrens "BARGELD-Zahlung: Obergrenze NEIN!" (2080 d.B.). Es sei wichtig, die Anliegen der Bürger:innen auch zwischen den Wahlen ernst zu nehmen. Die Politik habe jedoch in den vergangenen Jahren keine Forderungen der erfolgreichen Volksbegehren umgesetzt. Dies sei demokratiegefährdend und trage zur Abstufung Österreichs im Demokratieranking bei. Für den Bevollmächtigten des Volksbegehrens Werner Bolek braucht es eine gesetzliche Verpflichtung zur Bargeldannahme für jedes Kundengeschäft. Bei einer Annahmeweigerung gebe es aktuell keine Rechtsfolgen.

Nach den Wortmeldungen der Proponenten wurde das Volksbegehren einstimmig vertagt; die Diskussion soll voraussichtlich am 5. Dezember fortgesetzt werden.

Auf der Tagesordnung stand auch eine SPÖ-Initiative zu diesem Thema, wobei es insbesondere um die Sicherstellung einer wohnortnahen Versorgung mit Geldautomaten ging (3542/A(E)). Angela Baumgartner (ÖVP) wies darauf hin, dass im Finanzministerium eine Task Force eingerichtet wurde, die sich mit den rechtlichen Fragestellungen rund um die Bargeldversorgung befasse. Außerdem obliege es der Nationalbank, die Versorgung mit Geldautomaten in Österreich zu überwachen. Es gebe auch ein EuGH-Urteil, in dem klar zum Ausdruck komme, dass es eine Verpflichtung zur Annahme von Bargeld gibt. Baumgartner brachte einen Vertagungsantrag ein, der mehrheitlich angenommen wurde.

Opposition forderte strengere Regeln für Glücksspiel

Neuerlich brachte die Opposition Forderungen zu strengeren Regeln für das Glücksspiel auf die Tagesordnung. Stephanie Krisper (NEOS) pochte darin auf einen Maßnahmenplan für eine umfassende Neuordnung des Glücksspiels in Österreich – darunter eine Kompetenz-Entflechtung, Stärkung von Spieler:innenschutz und Behördenbefugnissen im Kampf gegen das illegale Glücksspiel sowie Anpassungen im Konzessionsbereich (3270/A(E)). Zudem forderte sie, dass die Vergabe von Glücksspiel-Lizenzen und die operative Glücksspiel-Aufsicht auf eine neue, unabhängige Behörde übertragen und Transparenz- sowie Berichtspflichten gegenüber dem Parlament gesetzlich verankert werden (3276/A(E)).

Die SPÖ trat für ein Vorziehen der Maßnahmen für Spieler:innenschutz aus dem Glücksspielpaket der Bundesregierung (3556/A(E)) ein. Konkret ging es den Sozialdemokraten um ein Werbeverbot für Glücksspiel, IP-Blocking für illegale Spielangebote aus dem Ausland, die Regulierung und Kontrolle von Lootboxen sowie darum, die einheitliche anbieterübergreifende Spielerkarte umzusetzen.

Mit dem Hinweis darauf, dass an einer entsprechenden gesetzlichen Regelung gearbeitet werde, stellte Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP) drei Vertagungsanträge, die mehrheitlich beschlossen wurden. Es sei geplant, dass es eine unabhängige und weisungsfreie Behörde geben soll, erläuterte er. (Fortsetzung Finanzausschuss) sue