Parlamentskorrespondenz Nr. 1383 vom 11.12.2023

Familienausschuss beschließt Anhebung der Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld

Oppositionsanträge zu Familienleistungen sowie zu Schutz und Rechten von Kindern und Jugendlichen vertagt

Wien (PK) – Die Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld steigt 2024 auf 8.100 € im Jahr. Ein entsprechender Initiativantrag von ÖVP und Grünen wurde heute im Familienausschuss einstimmig angenommen. Nur mehrheitlich angenommen wurden allerdings ein Abänderungsantrag zu der Gesetzesänderung sowie ein Ausschussantrag, den Anspruch von Ukraine-Flüchtlingen auf Kinderbetreuungsgeld bzw. Familienbeihilfe bis 4. März 2025 zu verlängern. In diesen beiden Punkten gingen die Freiheitlichen nicht mit.

Erneut vertagt wurden drei Anträge zum Thema Kinderbetreuungsgeld, die von den Oppositionsfraktionen SPÖ, FPÖ und NEOS eingebracht wurden.

Eine Reihe von Anträgen der Sozialdemokrat:innen und der Freiheitlichen, die den Schutz und die Rechte von Kindern und Jugendlichen betreffen, wurden von ÖVP und Grünen in die Warteschleife geschickt. Die SPÖ tritt für mehr Anstrengungen im Kampf gegen Kinderarmut und eine Stärkung der Kinder- und Jugendhilfe ein. Außerdem fordern die Sozialdemokrat:innen ein Maßnahmenpaket für den Kinderschutz und spezielle Schutzbestimmungen für so genannte Kinder-Influencer:innen.

Die FPÖ fordert neben einer App, die Übersicht über die Familienleistungen gibt, auch mehr Mittel für die Umsetzung der Jugendstrategie und ein generelles Verbot der Leihmutterschaft in der EU ein.

Zuverdienstgrenze bei Kinderbetreuungsgeld wird angehoben

Die Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld sowie bei der Beihilfe zum pauschalen Kinderbetreuungsgeld  soll vom bisherigen Grenzbetrag von 7.800 € pro Kalenderjahr auf 8.100 € angehoben werden. Damit soll sichergestellt werden, dass weiterhin eine geringfügige Beschäftigung während des Anspruchszeitraumes möglich ist, begründen die Abgeordneten von ÖVP und Grünen den Initiativantrag, der diese Änderung auf den Weg bringt (3753/A).

Die Anhebung des Grenzbetrags sei aufgrund der gestiegenen Lebenshaltungskosten notwendig geworden, erläuterte ÖVP-Abgeordneter Joachim Schnabel den Antrag. Nun wolle man sicherstellen, dass eine geringfügige Beschäftigung weiterhin möglich bleibt. Schnabel brachte auch noch einen Abänderungsantrag ein, wonach der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für Vertriebene aus der Ukraine, die in Österreich vorübergehendes Aufenthaltsrecht haben, bis 4. März 2025 verlängert wird. In inhaltlichem Zusammenhang mit dem Initiativantrag zum Kinderbetreuungsgeld brachte er auch einen weiteren Antrag von ÖVP und Grünen ein, das Familienlastenausgleichsgesetz abzuändern, um auch den Anspruch des genannten Personenkreises auf Kinderbeihilfe bis 4. März 2025 zu verlängern.

Die Anhebung der Zuverdienstgrenze fand die Zustimmung der Abgeordneten aller Fraktionen. Petra Wimmer und Christian Oxonitsch kritisierten seitens der SPÖ, dass die notwendige Anpassung so spät erfolge. Auch Petra Ecker (FPÖ) bemängelte, dass die notwendige Anhebung wieder einmal sehr spät erfolge.  NEOS-Abgeordneter Michael Bernhard meinte, eine automatische jährliche Anhebung der Zuverdienstgrenze, wie sie auch in anderen Bereichen bereits umgesetzt sei, würde mehr Rechts- und Planungssicherheit bieten.

Während SPÖ und NEOS auch dem Abänderungsantrag bzw. dem Ausschussantrag betreffend die Verlängerung der Ansprüche von Ukraine-Flüchtlingen auf Kinderbetreuungsgeld und Familienbeihilfe zustimmten, verlangte FPÖ-Abgeordnete Ecker eine getrennte Abstimmung des Abänderungsantrags. Ihre Fraktion werde zwar der Anhebung des Grenzbetrags für den Zuverdienst zustimmen, nicht aber der geplanten Abänderung bzw. dem Zusatzantrag, erklärte sie.

Familienministerin Susanne Raab sagte, sie verstehe das Anliegen der Planungssicherheit. Ihr Ressort sei bemüht, die Anpassung an die Lebenshaltungskosten rasch auf den Weg zu bringen, allerdings würden die dafür notwendigen statistischen Daten immer erst im November vorliegen.

Mit in Verhandlung standen auch Anträge der Opposition zum Thema Kinderbetreuungsgeld, die durchwegs von ÖVP und Grünen vertagt wurden. So fordern SPÖ, FPÖ und NEOS in einer gemeinsamen Initiative (3422/A(E)) die Beseitigung "bürokratischer Hürden und Fallstricke", sagte SPÖ-Abgeordnete Wimmer. Sie verwies, wie NEOS-Abgeordneter Michael Bernhard und FPÖ-Abgeordnete Rosa Ecker in diesem Zusammenhang auf Probleme, die von der Volksanwaltschaft und der Arbeiterkammer aufgezeigt wurden. Die Mängel betreffen nach Meinung der Abgeordneten sowohl die aktuelle Gesetzeslage als auch den Vollzug. In einem eigenen Antrag verlangte NEOS-Abgeordneter Michael Bernhard, die Wartezeit auf das Kinderbetreuungsgeld zu verkürzen (1481/A(E)). Immer wieder passiere es, dass Mütter längere Zeit ohne Versicherungsschutz bleiben, sagte er. Der NEOS-Abgeordnete ist auch der Ansicht, dass die Abwicklung der Karenzmodelle grundlegend vereinfacht werden sollte, um den Beratungsbedarf zu reduzieren (3138/A(E)).

Die ÖVP-Abgeordneten Lukas Brandweiner, Carmen Jeitler-Cincelli und Johanna Jachs sprachen sich für die Vertagung dieser Anträge auf. Sie argumentierten übereinstimmend, dass das Kinderbetreuungsgeld sehr viele Möglichkeiten biete und damit flexibel auf die Bedürfnisse der Familien eingegangen werden könne. Daraus entstehe allerdings auch eine gewisse Komplexität, sagte Brandweiner. Die Zahl der Problemfälle sei aus seiner Sicht aber "überschaubar".

Familienministerin Raab erklärte, die Bundesregierung habe in den vergangenen Jahren kontinuierlich daran gearbeitet, die Abwicklung des Kinderbetreuungsgeldes zu vereinfachen und zu entbürokratisieren sowie den Eltern umfassende Beratung zukommen zu lassen. Als weiteren Schritt werde eine Beratungsstunde zu Familienleistungen verpflichtend in den Eltern-Kind-Pass aufgenommen. Damit solle sichergestellt werden, dass die Eltern auf jeden Fall eine allgemeine Übersicht über die Familienleistungen erhalten. Selbstverständlich könnten sie dann dort, wo sich weiterer Beratungsbedarf zeige, gezielt weitere Beratung in Anspruch nehmen. Problemfälle würden sich oft daraus ergeben, dass Meldungen von Behörden anderer EU-Mitgliedsstaaten verspätet einlangen. Hier arbeite ihr Ressort sehr intensiv daran, den Austausch zu verbessern.

SPÖ: Kampf gegen Kinderarmut verstärken

Ein zielgerichtetes Vorgehen gegen Kinderarmut fordert die SPÖ. Österreich brauche dringend ein Maßnahmenpaket zur Abschaffung von Kinderarmut, das unter anderem einen Rechtsanspruch auf einen gratis ganztägigen Kinderbildungsplatz sowie ein kostenfreies warmes, gesundes Mittagessen für Schul- und Kindergartenkinder vorsehe, sagte SPÖ-Abgeordnete Petra Wimmer (3718/A(E)). Beschämend sei, dass Österreich in der Umsetzung der "Europäische Kindergarantie" zur Sicherstellung von Kinderrechten in Form von kostenlosem und gesichertem Zugang zu Betreuung, Bildung und Wohnen säumig sei, sagte Wimmer.

Michael Bernhard (NEOS) sah vor allem den Ausbau von Sachleistungen als den richtigen Weg an. Petra Ecker (FPÖ) meinte hingegen, dass generelle Angebote des Bundes, etwa ein Gratis-Mittagessen für alle Schüler:innen, nicht der richtige Weg seien. Sachleistungen sollten durch Gemeinden und Städte angeboten werden, die wüssten, wo Bedarf bestehe.

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne) unterstrich das Bekenntnis der Koalitionsfraktionen zum Kampf gegen Kinderarmut. Mit den Anti-Teuerungs-Maßnahmen sei es auch gelungen, das Abrutschen von Kindern in die Armut zu verhindern. Nikolaus Prinz verwies darauf, dass der Nationale Aktionsplan zur Umsetzung der Europäischen Garantie für Kinder in Österreich kurz vor der Fertigstellung sei, und stellte einen Vertagungsantrag zum Antrag.

FPÖ will mit App mehr Transparenz über Familienleistungen schaffen

Neuerlich vertagt wurde ein Antrag der FPÖ für eine App, die Familien einen Überblick über sämtliche Familienleistungen gibt (2102/A(E)). Der digitale Fortschritt solle damit für Familien genutzt werden, betonte Rosa Ecker (FPÖ).

Es gebe dazu bereits mehrere Onlineangebote, die einen einfachen Zugang zu Informationen ermöglichen, sagte Gudrun Kugler (ÖVP). Beispielsweise funktioniere die Plattform familienportal.gv.at auch am Handy einwandfrei, zudem gebe es das digitale Amt und auch der neue Eltern-Kind-Pass werde bald als App verfügbar sein. Anstatt neuer Apps, sollten besser bestehende Angebote zusammengeführt werden, um die Menschen nicht mit einem Überangebot zu überfordern, so Kugler. Die NEOS würden die Forderung nach einer App zu Familienleistungen unterstützen, sagte Yannick Shetty. Diese könnte in der Applikation des digitalen Amts gebündelt werden. Allerdings würden bisher nur wenige Menschen das digitale Amt nutzen, hier gebe es noch "viel Luft nach oben", so Shetty. Zur Reduzierung der Komplexität beim Thema Familienleistungen könnte man das Konzept einer Kindergrundsicherung diskutieren, meinte Barbara Nessler (Grüne).

Diskussion über ein Bundeskinderschutzgesetz

Für die rasche Umsetzung eines umfassenden Bundeskinderschutzgesetzes sowie eine Reihe von zusätzlichen Maßnahmen zu Prävention von Gewalt gegen Kinder sprach sich die SPÖ in einem Antrag aus (3568/A(E)). Zudem erkundigte sich Christian Oxonitsch (SPÖ) nach dem Zeitplan für die Verordnung zu den bereits beschlossenen Kinderschutzkonzepten an Schulen. Es sei angekündigt worden, dass die Verordnung noch vor Weihnachten kommen würde, bisher liege sie allerdings noch nicht vor und die konkrete Umsetzung der Kinderschutzkonzepte an Schulen sei daher noch nicht klar, so Oxonitsch.

Er begrüße den Vorschlag für ein Bundeskinderschutzgesetz, sagte Yannick Shetty (NEOS), denn ein solches wäre eine Abkehr von der "Verländerung" des Kinderschutzes, welche ein Fehler gewesen sei und in der Praxis zu Problemen führe. Beim Kinderschutz passiere bereits sehr viel im Bereich der Prävention, auch in Vereinen, sagte Nikolaus Prinz (ÖVP). Die Qualitätssicherungsstelle Kinderschutz helfe bei der Erstellung von Schutzkonzepten und trage zur Bewusstseinsbildung bei, betonte Barbara Nessler (Grüne). Wichtig sei, dass Kinder ihre Rechte kennen, daher sei im Frühjahr eine Kinderrechtskampagne geplant. Langfristig gesehen sei ein Bundeskinderschutzgesetz ein Ziel, räumte Nessler ein. Sibylle Hamann (Grüne) wies darauf hin, dass es bei den beschlossenen Kinderschutzkonzepten für den Schulbereich gelungen sei, den Schutz vor psychischer Gewalt miteinzubeziehen und damit den Gewaltbegriff sehr breit zu definieren. Es sei auch ihr Wissensstand, dass die Verordnung dazu noch vor Weihnachten kommen solle, so Hamann.

Evaluierung der Kinder- und Jugendhilfe gefordert

In einem weiteren Antrag forderte die SPÖ eine allgemeine Evaluierung der Kinder- und Jugendhilfe (3719/A(E)).

Die Kinder- und Jugendhilfe sei in die Verantwortung der Länder übergeben worden, sagte Barbara Nessler (Grüne) und stellte daher den Vertagungsantrag. Eine Evaluierung wäre durchaus möglich, entgegnete Rosa Ecker (FPÖ) und verwies darauf, dass die Erwartungen an die Kinder- und Jugendhilfe in den letzten Jahren sehr viel größer geworden seien. Als Bundesmandatar:in dürfe man bei dieser Sache nicht wegsehen, auch wenn der Bereich in die Zuständigkeit der Länder falle, sagte Eva Maria Holzleitner und betonte, dass eine Evaluierung "extrem wichtig" sei. Er unterstütze diese Ansicht Holzleitners, sagte Yannick Shetty (NEOS).

Umsetzung der Jugendstrategie

Vertagt wurde ein Antrag der FPÖ in dem die Freiheitlichen mehr finanzielle Mittel für die Jugendpolitik und die Umsetzung der aktuellen Jugendziele entsprechend der Österreichischen Jugendstrategie (3745/A(E)) forderten.

Wann die Jugendstrategie umgesetzt werde, wollten Rosa Ecker (FPÖ) und Maximilian Köllner (SPÖ) wissen. Es werde laufend an der Umsetzung der Jugendziele gearbeitet und die Bundesjugendvertretung dabei miteinbezogen, sagte Lukas Brandweiner (ÖVP). Der Umsetzungsbericht 2022 sei so gut wie fertig. Wichtig sei, dass alle Ministerien an der Erreichung der Ziele mitwirken, betonte er.

Kinder vor den Gefahren des Internets schützen

Maßnahmen zum Schutz vor Ausbeutung sogenannter Kinder-Influencer:innen, forderte die SPÖ (3505/A(E)). Dieser Bereich sei ein "blinder Fleck" beim Kinderschutz. Man müsse Kinder-Influencer:innen vor der wirtschaftlichen Ausbeutung durch ihre Eltern schützen, sagte Christian Oxonitsch (SPÖ).

Beim Kinderschutz passiere auch im digitalen Bereich viel, so sei beispielsweise in den Schulen das Fach "Digitale Grundbildung" eingeführt worden, zudem gebe es die Plattform saferinternet.at, sagte Lukas Brandweiner (ÖVP) und stellte daher den Vertagungsantrag. Sie denke schon, dass es im gesamten Online-Bereich noch mehr Kinderschutz brauchen würde insbesondere im Hinblick auf sexuelle Belästigung und hohe Kosten bei Onlinekäufen, sagte Rosa Ecker (FPÖ). Auch Yannick Shetty (NEOS) meinte, dass in diesem Zusammenhang noch viele Maßnahmen zum Schutz der Kinder nötig seien.

Bekenntnis zum Verbot von Leihmutterschaften

Neuerlich vertagt wurde ein Antrag der FPÖ, der sich für ein Verbot von Leihmutterschaften (3169/A(E)) auf EU-Ebene ausspricht.

Leihmütter seien zumeist in Drittstaaten zu finden, daher müsse dieses Thema breit diskutiert werden, beispielsweise bei einer parlamentarischen Enquete, sagte Michael Bernard (NEOS). Auf nationalstaatlicher Ebene gebe es keinen Handlungsbedarf, weil Leihmutterschaft in Österreich verboten sei, sagte Barbara Nessler (Grüne). Es sei nicht wahr, dass es keinen Handlungsbedarf gebe, entgegnete Rosa Ecker, das Thema betreffe auch Österreich. Die SPÖ würde diesem Antrag gerne zustimmen, denn der Antrag beziehe sich gar nicht auf die nationalstaatliche Ebene, sondern auf das Eintreten für ein EU-weites Verbot von Leihmutterschaft, so Eva Maria Holzleitner (SPÖ). Die ÖVP lehne Leihmutterschaft strikt ab, eine internationale Regelung sei daher wünschenswert, sagte Johanna Jachs (ÖVP).

Es sei positiv festzuhalten, dass es in Österreich einen starken Schulterschluss für ein Verbot von Leihmutterschaft gebe, sagte Familienministerin Susanne Raab. Österreich habe damit eine ganz klare Position und werde selbstverständlich nicht zustimmen, falls diesbezüglich über Lockerungen auf EU-Ebene nachgedacht werden sollte. Sie sehe es als ihre derzeitige Arbeitsposition, sich laufend für ein generelles Verbot der Leihmutterschaft auf EU-Ebene starkzumachen, betonte Raab. (Schluss Familienausschuss) sox/bea