Parlamentskorrespondenz Nr. 126 vom 15.02.2024

Live-Übertragung von U-Ausschüssen: Verhandlungen zwischen den Fraktionen laufen noch

Geschäftsordnungsausschuss leitet Volksbegehren ohne konkrete Beschlüsse ans Plenum weiter

Wien (PK) – Die Verhandlungen zwischen den Fraktionen über eine Live-Übertragung von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen dauern an. Wie ÖVP-Abgeordneter Andreas Hanger heute im Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats erklärte, ist als nächstes eine Expertenrunde geplant, um noch offene Fragen zu klären. Die ÖVP bekenne sich nach wie vor zu einer öffentlichen TV-Übertragung, es brauche aber eine "saubere Legistik" bekräftigte er. Schließlich müsse der geltende Rechtsrahmen – etwa der Datenschutz oder Persönlichkeitsrechte – beachtet werden. Auch ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl zeigte sich an einem raschen Konsens interessiert.

Die Diskussion dreht sich insbesondere um die Frage, wer eine politisch bzw. öffentlich exponierte Persönlichkeit ist und wer darüber entscheidet, wie unter anderem Agnes Sirkka Prammer (Grüne) bestätigte. Ihrer Meinung nach ist es nicht möglich, dafür allgemeine gesetzliche Regeln festzulegen, da es dabei um Einzelfallentscheidungen gehe. Prammer erwartet sich von der geplanten Expertenrunde entsprechende Lösungsansätze und hofft danach auf einen baldigen Beschluss. Im Sinne der Transparenz und der Aufklärung wäre eine TV-Übertragung von U-Ausschüssen wesentlich, betonte sie.

Auch NEOS-Abgeordneter Nikolaus Scherak appellierte an die Verhandler:innen, "den Prozess rasch über die Bühne zu bringen". Die Frage, wer eine öffentlich exponierte Person sei und wer darüber entscheide, sei keine komplexe, "man muss es nur wollen", meinte er. Es gehe jedenfalls um eine juristische Einschätzung, nicht um eine politische. Scherak kann sich etwa vorstellen, dass sich Personen, die selbst der Meinung sind, keine öffentlich exponierte Person zu sein, an eine bestimmte Stelle wenden können.

SPÖ setzt auf Verantwortung der Medien

Einen anderen Ansatz hat die SPÖ. Abgeordneter Kai Jan Krainer schlägt vor, prinzipiell die Befragung aller Auskunftspersonen – "ohne eine Art Vorzensur durch die Abgeordneten" – zu übertragen und den Medien die Entscheidung zu überlassen, welche Personen sie gegebenenfalls verpixeln oder wie sie deren Persönlichkeitsrechte durch andere geeignete Maßnahmen – etwa durch eine Veränderung des Tons – schützen. Schließlich würden die Medien schon jetzt gemäß einer Einigung zwischen den Parteien im Jahr 2015 die Namen aller Auskunftspersonen erhalten und selbst festlegen, welche davon sie mit vollem Namen oder nur abgekürzt nennen und von welchen sie ein Bild bringen. "Das machen sie sehr gut", meinte Krainer. Darüber hinaus müssten Medien auch sonst tagtäglich mit dem Mediengesetz umgehen.

Ähnlich argumentierte Krainers Parteikollege Christoph Matznetter, der darauf verwies, dass auch Live-Ticker aus Untersuchungsausschüssen funktionierten. Zudem machte er geltend, dass Auskunftspersonen keine Angeklagten seien, sondern mit Zeugen vergleichbar. Eine Live-Übertragung wäre ein Beitrag zur Versachlichung des Untersuchungsausschusses, ist er überzeugt. Einige offene Fragen sieht aber auch die SPÖ noch, etwa was die sachliche Immunität betrifft. Bei "gutem Willen" könnte man diese Abgeordnetem Krainer zufolge aber "schnell und gut klären".

Skeptisch zu den Vorschlägen der SPÖ äußerte sich FPÖ-Abgeordneter Philipp Schrangl. Es sei notwendig, Untersuchungsausschüsse transparenter zu gestalten, man könne bei Live-Übertragungen aber nicht davon ausgehen, dass die Medien "das schon irgendwie regeln werden", sagte er. Man müsse vorab festlegen, welche Personen übertragen werden und welche nicht. Dazu brauche es eine Stelle, die nach Ansicht von Schrangl etwa der Verfahrensrichter, der Untersuchungsausschuss selbst oder ein richterliches Gremium sein könnte.

Abseits des Themas Live-Übertragung hält es Schrangl überdies für notwendig, sich darüber Gedanken zu machen, wie mit medialen Vorverurteilungen umgegangen werden soll. Menschen würden dadurch wirtschaftlich und persönlich "vernichtet", selbst wenn sie später nicht schuldig gesprochen werden, hob er hervor. Diese Frage werde auch Untersuchungsausschüsse immer wieder beschäftigen.

Knapp über 100.000 Unterschriften für Volksbegehren

Anlass für die Debatte im Geschäftsordnungsausschuss war ein Volksbegehren (2175 d.B.), das sich für eine Liveübertragung parlamentarischer Untersuchungsausschüsse stark macht und von 102.755 Österreicher:innen unterzeichnet wurde. Im Sinne der Transparenz müsse es der Bevölkerung ermöglicht werden, zumindest medienöffentliche Sitzungen mittels Direktübertragung in Bild und Ton zu verfolgen, heißt es in der von Lukas Papula gestarteten Initiative. Konkret soll demnach ein Livestream auf der Parlamentswebsite angeboten und auch interessierten Medien zur Verfügung gestellt werden. Erklärtes Ziel der Initiator:innen ist eine größtmögliche Verbreitung der Befragungen von Auskunftspersonen, wobei es ihnen vor allem um Personen öffentlichen Interesses geht.

Werben für das Volksbegehren konnte Papula im Ausschuss heute nicht: Aufgrund der kurzfristigen Einberufung der Sitzung war es den Initiator:innen des Volksbegehrens nicht möglich, an den Beratungen teilzunehmen. Sie haben aber die Möglichkeit, eine Stellungnahme zum Ausschussbericht abzugeben. Abschließend wird sich das Plenum des Nationalrats nun noch einmal mit dem Anliegen des Volksbegehrens beschäftigen.

Nach geltender Rechtslage können nur Medienvertreter:innen die Befragung von Auskunftspersonen in U-Ausschüssen mitverfolgen. Die Befragungsprotokolle werden später auf der Parlamentswebsite veröffentlicht, sofern die Befragung nicht unter Ausschluss der Medien stattfand. (Schluss) gs