Bundesrat Stenographisches Protokoll 610. Sitzung / Seite 75

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mit den Ländern und Gemeinden und unter größtmöglicher Berücksichtigung der Gesetzgebungsautonomie der Landtage erfolgen wird. Zur Gänze wird sie nicht zu wahren sein, aber man sollte sie auch nicht mehr in Anspruch nehmen, als das zur Lösung der Sachlage unbedingt notwendig ist.

Im Gegensatz zum Arbeitsübereinkommen 1994 zählt das neue Koalitionsübereinkommen darüber hinaus kaum Vorhaben auf, die – von vornherein erkennbar – in Länderzuständigkeiten oder in autonome Bereiche der Gemeinden eingreifen würden. Das muß aber erfahrungsgemäß nicht unbedingt ein Gelöbnis der völligen Enthaltsamkeit bedeuten. Im Wiederbesitz der Zweidrittelmehrheit kann die Versuchung übermächtig werden, die Länder und Gemeinden – und damit auch den Bundesrat – vor vollendete Tatsachen zu stellen.

In dieser Hinsicht ist das Koalitionsübereinkommen nach allen Seiten und für all das völlig offen, was in einem heute noch gar nicht abschätzbaren Ausmaß das Einvernehmen der beiden Regierungsparteien finden wird.

Gemäß Punkt 2 der Präambel des Koalitionsübereinkommens werden wichtige Entscheidungen von Bundesregierung und Parlament – dieses ausdrücklich definiert als Nationalrat und Bundesrat – gemeinsam erarbeitet und gemeinsam vertreten.

Da gemeinsames Vertreten gemeinsames Erarbeiten auch mit den Vertretern des Bundesrates voraussetzt, können diese, wenn man diese Formulierung tatsächlich mit Leben erfüllt, bereits vorbeugend auf die Wahrung der Länderinteressen drängen und bei mangelndem Einvernehmen mit den Ländern einseitige Maßnahmen wohl auch verhindern dürfen. Angesichts dessen kann das im Koalitionsübereinkommen festgeschriebene gemeinsame Wirken der Regierungsparteien in der Bundesgesetzgebung für die Bundesräte als Vertreter ihrer Landtage, jedenfalls aus der Sicht meines Landes, nicht anders verstanden werden, als daß sie in Ausübung ihres freien Mandats selbstverständlich von ihren verfassungsmäßigen Rechten dann Gebrauch machen können, wenn vorher kein Einvernehmen hergestellt wurde und wenn es von den Ländern selbst zur Wahrung ihrer Interessen als notwendig angesehen wird.

Alles andere würde wohl bedeuten, daß die in der Bundesverfassung vorgesehene Mitwirkung des Bundesrates an der Bundesgesetzgebung in einen vorherbestimmten und bloß parlamentsnotariellen Nachvollzug umgewandelt würde. Diese notwendige Selbstbehauptung des Bundesrates und die Nutzung des freien Mandats für die Länder ist jedenfalls aus der Sicht des von mir gemeinsam mit den beiden anderen Bundesräten vertretenen Landes eine ganz wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Fortsetzung des mit der Bildung der Bundesregierung begonnenen gemeinsamen Weges. (Beifall bei der ÖVP.)

16.32

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Karl Drochter. – Bitte.

16.32

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren der Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Ich möchte ganz kurz auf meine Vorredner, Dr. Kapral und Dr. Prasch und auch auf Kollegen Dr. Schambeck, eingehen. Ich möchte es ganz kurz machen.

Das Resümee meines Zuhörens ist jenes, daß die freiheitliche Partei und die Volkspartei mit dem Ergebnis vom 17. Dezember überhaupt nicht zufrieden gewesen sind, daß sie sich noch nicht im klaren sind: Waren es ihre Programme, oder soll man die eine oder andere Person dafür verantwortlich machen. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Penz. ) Herr Kollege Penz! Wenn Sie mich fragen, so sage ich Ihnen ehrlich, prüfen Sie beides! Die SPÖ war mit dem Ergebnis am 17. Dezember zufrieden. (Bundesrat Dr. Tremmel: Da seid ihr aber bescheiden geworden!) Wir haben von der Bevölkerung überwiegend bestätigt bekommen, daß das Programm, aber auch die Personen Anerkennung bei der Bevölkerung und beim Wähler gefunden haben, und wir sind auch beauftragt worden, wieder die Verantwortung an der Spitze zu übernehmen. (Bundesrat Mag. Langer: Das zweitschlechteste Wahlergebnis!)


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