Bundesrat Stenographisches Protokoll 619. Sitzung / Seite 22

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Sie hätten sich da auch gerne rausgehalten, dann wären sie noch am Leben! Und ich glaube, daß Auschwitz, daß das Gas nichts ist, was dogmatisch vorgeschrieben ist in diesem Land. Es ist eine Wahrheit, eine erlebte, erlittene und für viele tödliche Wahrheit!

Herr Kollege Gudenus! Sie wurden damals von Ihrem Parteivorsitzenden zurückgezogen. Er hat sich dafür in den Zeitungen feiern lassen. Die "Kleine Zeitung", um eine von ihnen zu nennen, hat damals berichtet: "Haider demonstriert Härte. Auschwitz-Lüge wird in F nicht toleriert. Rasches Ende der Polit-Karriere eines skurrilen Aristokraten."

Die Durchgriffe des Herrn Haider haben ein Ablaufdatum wie ein Milchpackerl: Nach 14 Monaten gilt das nicht mehr! Historische Wahrheiten gelten offensichtlich nur für 14 Monate! (Bundesrat Dr. Tremmel: Was unterstellen Sie da?) – Ich unterstelle niemandem etwas – ich zitiere das, was Herr Gudenus gesagt hat, was Herr Haider gesagt hat und was eine angesehene österreichische Tageszeitung darüber geschrieben hat.

Ich meine, daß das etwas ist, was tief blicken läßt. Herr Kollege Gudenus! Sie haben die Möglichkeit der Klarstellung. Meine Herren und Damen von der Freiheitlichen Partei! Sie haben die Möglichkeit einer Distanzierung. Und wir alle, meine Damen und Herren, haben die Aufgabe, klarzustellen, daß für uns historische Wahrheiten, die leidvolle Geschichte unseres Landes, nicht deshalb Gültigkeit haben, weil das dogmatisch und gesetzlich vorgeschrieben ist, sondern weil es ein Teil unserer schmerzlichen Geschichte ist.

Das Gelöbnis auf die Bundesgesetze und alle anderen Gesetze, Herr Kollege Gudenus, heißt nicht, achselzuckend zu sagen: Wenn es mir vorgeschrieben ist, dann mach’ ich es halt! – Dieses Gelöbnis, das Sie und einige von uns heute geleistet haben, soll und muß heißen: Wir stehen freudigen Herzens zu dieser Demokratie und zur Bewältigung ihrer geschichtlichen Last! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.44

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Präsident Professor Schambeck. Ich bitte ihn, zu sprechen.

9.44

Bundesrat Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, keiner von uns hat, als er den Sitzungssaal des Bundesrates heute morgen betreten hat, erwartet, daß es eine solche Debatte gibt. Sie wurde bei der Vorberatung unserer heutigen Bundesratssitzung im Präsidium, bei der ich die Ehre hatte, Herrn Präsidenten Pfeifer, der dienstlich im Ausland war, zu vertreten, auch nicht angekündigt.

Ich bedauere es sehr, daß am Ende dieses Jahres 1996 – einem Jahr der geschichtlichen Erinnerung des Millenniums Österreichs, in dem wir in den verschiedenen politischen Lagern zwischen Neusiedler See und Bodensee uns dazu bekannt haben, auch als Volksvertreter das Unsere zur Bewältigung der Geschichte beizutragen – dieser alle sechs Monate wiederkehrende Tagesordnungspunkt zu einer solchen Debatte genutzt wird, in der – in einer sehr extensiven Auslegung der Geschäftsordnung – diskriminierende Äußerungen in verschiedenster Richtung fallen.

Meine Damen und Herren! So, wie wir uns kennen – einige von uns kennen wir schon sehr lange –, wissen wir, daß wir uns bemühen, gerade im Bundesrat das Unsere zu dem beizutragen, was heute so dringend notwendig ist, vor allem gegenüber einer nicht ungefährlichen Alternativszenerie – ich denke zum Beispiel an die Briefbomben, die leider zur Serie wurden –, daß wir als Mandatare einen Beitrag zur politischen Kultur leisten sollen, das heißt, zu einem verständlichen Miteinander. Zu diesem verständlichen Miteinander möchte ich Sie einladen.

Wir Christenmenschen befinden uns gerade in diesen Tagen in der Zeit des Advents. Ganz gleich, wie intensiv die Gläubigkeit des einzelnen Menschen ist – das ist seine private Intimsphäre, die zu respektieren ist –, so freut sich doch jeder, daß wir Advent erleben dürfen. Advent ist die Zeit der Erwartung, und jeder von uns geht doch in dieser Zeit in sich und überlegt sich: Auf was darf ich warten, und was erwartet mich?


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite