Bundesrat Stenographisches Protokoll 619. Sitzung / Seite 85

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agrarisch und dörflich geprägten Gesellschaft eine Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft, in der längst die Facharbeiter, Angestellten und Beamten überwiegen. Die Kulturlandschaft, die Siedlungen haben ihr Aussehen und auch ihre gesamte Struktur radikal verändert. Sie spiegeln – manchmal in ihrer Disharmonie – auch diese Veränderungsprozesse wider.

Bei aller Kritik an zu großem Fortschrittsoptimismus, bei aller Kritik an zerstörten Ortsbildern, an Hochhäusern und Autobahnen, an zuviel Beton, an zuviel Asphalt, an der Auflösung der alten Dorfgemeinschaften mit ihren eingespielten sozialen Einrichtungen kann man feststellen: Das Leben nahezu aller Burgenländerinnen und Burgenländer hat sich in der Zeit seit 1955 erheblich verbessert. Der Wohnstandard, der Bildungsgrad, die Chancen im Beruf – in all diesen Bereichen hat das Burgenland gegenüber den anderen Bundesländern aufgeholt. Zwar gibt es noch immer – das muß man feststellen – Strukturschwächen, aber diese sind verglichen mit den Verhältnissen in der Zwischen- und Nachkriegszeit nicht mehr sehr gravierend.

Das Wanderarbeiter- und Pendlerproblem besteht weiterhin. 30 000 Burgenländer müssen wöchentlich auspendeln. Trotzdem ist eine Besserung vor allem im Nordburgenland eingetreten. Es gibt durch Bahnausbau und guten Straßenbau bereits zumutbare Tagespendlerentfernungen zum Wiener Zentralraum. Die Abwanderung ist zumindest in Teilen des Landes gestoppt. Das Leben in den Dörfern, in einer intakten Natur wird heute eher als Vorteil gesehen.

Nicht ganz so positiv verlief die Entwicklung im Süden des Landes. Aus diesem Grunde waren die jüngsten Schwerpunkte der burgenländischen Landespolitik in der Vorbereitung auf den EU-Beitritt zu erkennen. Es gelang unter der Führung von Landeshauptmann Karl Stix, das Burgenland zum Ziel-1-Gebiet mit höchster Förderungswürdigkeit zu erklären. Mit der Öffnung der Grenzen nach Osten hat unser Land zwar seine extreme Randlage verloren, der Wirtschaftsstandort Burgenland wurde aber aufgewertet.

Ich bin überzeugt, daß es gelingen wird – die letzten Zahlen der Wirtschaftsforscher beweisen das auch –, zu einer echten Brücke, zu einem wichtigen Standort zwischen zwei Wirtschaftsräumen zu werden und nicht bloß zu einem Durchgangsland. Ich bin überzeugt davon, daß das Burgenland wiederum all seine Kräfte mobilisieren wird, um die Einstufung als Ziel-1-Gebiet zu überwinden. Ich glaube fest daran, daß das Burgenland das 80-Jahr-Jubiläum im Jahr 2001 als wirtschaftlich erstarkte Europaregion feiern wird.

Meine Damen und Herren! Vielleicht noch einige Anmerkungen zur Verwendung dieses Bundeszuschusses in Höhe von 25 Millionen Schilling. Derzeit findet eine sehr breite, manchmal heftige, aber sehr konstruktive Diskussion darüber statt, was mit diesem Geld geschehen soll. Ich glaube aber, daß diese Diskussion auf die richtige burgenländische Art und in einem guten politischen Klima geführt wird. Die Entscheidung über die Verwendung dieses Zweckzuschusses wird sicher dem Geiste dieses Gesetzes 100prozentig entsprechen.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Frau Ministerin aus dem Burgenland! Nochmals sage ich der Bundesregierung ein herzliches Dankeschön für diesen Zweckzuschuß, und ich bitte Sie, diesen Dank weiter zu leiten. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

14.30

Präsident Josef Pfeifer: Danke.

Am Wort ist Herr Bundesrat Dr. Milan Linzer.

14.30

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Nach dieser eindrucksvollen, beinahe möchte ich sagen, Vorlesung unseres Kollegen und Pädagogen Bundesrat Payer darf ich mich auf einige Sätze beschränken.

Meine Damen und Herren! Diese Jubiläumsgelder, die die Bundesregierung aus Anlaß von Jubiläen an die Länder auszahlt, sollen zur Festigung der Identität der Regionen, der Bundesländer dienen, mag dann auch letztlich der Verwendungszweck von den Bundesländern selbst bestimmt werden. Ich finde es aber nicht angebracht, daß man diese Jubiläumsgelder, die nicht in


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