Bundesrat Stenographisches Protokoll 622. Sitzung / Seite 20

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der Union nicht geschwächt wird, dann müssen Sie aber auch sagen, wie Sie das bewerkstelligen wollen beziehungsweise wie Sie das garantieren wollen. Dann müssen Sie die Frage beantworten, ob Sie zum Beispiel bereit sind, dafür einzutreten, daß das Einstimmigkeitsprinzip in den ohnehin wenigen Bereichen, in denen es noch vorhanden ist, beibehalten wird, weil dieses noch verbliebene Vetorecht das einzige Recht der Mitgliedsstaaten, das letzte Restchen Souveränität ist, das ihnen noch verblieben ist. Sie müssen aber auch einmal konkret sagen, wie Sie sich die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik und damit auch die Reform des EU-Haushaltes selbst vorstellen, und ob Sie bereit sind, die österreichische Bevölkerung über die Teilnahme an der Währungsunion und die Aufgabe des Schillings in einer Volksabstimmung entscheiden zu lassen, oder ob im stillen Kämmerlein von der Regierung entschieden wird, ohne Wenn und Aber in die Währungsunion einzutreten, so wie wir schon einmal ohne Wenn und Aber in die EU gegangen sind, mit all den negativen Konsequenzen, die sich daraus ergeben haben.

Herr Bundeskanzler! Auf all diese Fragen hätten wir von Ihnen gerne eine Antwort gehört. Es gibt keine Redezeitbeschränkung im Bundesrat. Sie können uns unbeschränkt Ihre Vorstellungen zu diesen Punkten zur Kenntnis bringen.

Man konnte den Medien auch entnehmen, wer aller an Ihrer Regierungserklärung mitgearbeitet hat: die Mitarbeiter Ihres Büros, die Mitarbeiter anderer Ministerien bis Herrn Rudas – übrigens noch in seiner damaligen Funktion als ORF-Generalsekretär, was ja bezeichnend ist für gewisse Verflechtungen, die dort bestehen. Es soll mir keiner sagen, daß, wenn der Generalsekretär des staatlichen Fernsehens an der Regierungserklärung des Bundeskanzlers mitarbeitet, das eine zumutbare Vorgangsweise ist, die einer Demokratie und freien Medien guttut. Schließlich hat ja auch, wie zu lesen war, die ÖVP an der Regierungserklärung mitgearbeitet, wobei es mich besonders interessieren würde, Herr Kollege Weiss, wo da das geistige Eigentum der ÖVP ist, das Sie für sich beanspruchen.

Mir fällt dazu das Sprichwort ein: Viele Köche verderben den Brei. Ich erlaube mir die Bemerkung, Herr Bundeskanzler: Vielleicht wäre es besser, wenn Sie diese Dinge in Hinkunft selbst in die Hand nähmen und dafür Sorge trügen, daß ein bißchen mehr herauskommt als eine Analyse von Zuständen und ein Aufzählen von Problemen. Ihre Erklärungen sollten eben nicht nur ein bißchen staatstragend sein, sondern vor allem auch ein bißchen aussagekräftig und ein bißchen richtungsweisend. Wir erwarten von Ihnen, Herr Bundeskanzler, keine Patentrezepte, wie Sie es auch formuliert haben, sondern wir erwarten von Ihnen Ideen und konkrete Vorstellungen sowie Konzepte. Wir erwarten von Ihnen vor allem Taten, denn an diesen werden Sie letztlich gemessen werden und nicht an Ihren Worten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.14

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kone#ny. – Bitte.

10.14

Bundesrat Albrecht Kone#ny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Hoher Bundesrat! Ich stelle gleich einmal einleitend fest, ich habe mit einer Bundesregierung in der hier anwesenden Zusammensetzung nicht das geringste Problem. Das könnte ja so werden und ist durchaus erfolgversprechend. (Beifall bei der SPÖ.)

Unser Sitzungskabinett – ich sage das in Richtung jener Mitglieder der Bundesregierung, die mit unseren Umgangsformen noch nicht so ganz vertraut sind, der Herr Bundeskanzler ist ja hier geradezu schon ein Virtuose geworden – führt dazu, daß wir in Form großer seelischer Nähe miteinander umgehen. Das macht Sitzungen vielleicht ein wenig lebendiger, auch humaner als in der großen Kammer dieses Hauses. Das äußert sich zum Beispiel auch darin, wie Sie gesehen haben, daß Mitglieder der F-Opposition in diesem Haus während Ihrer Erklärung nicht miteinander getratscht, sondern nur Zeitung gelesen haben, was immerhin ein demokratiepolitischer Fortschritt ist. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Der Herr Finanzminister hat getratscht!) Der Herr Finanzminister hat gearbeitet. Das ist der Unterschied.


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