Bundesrat Stenographisches Protokoll 624. Sitzung / Seite 80

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Wir werden es nicht zulassen, daß Videotheken oder andere Einrichtungen ... (Ruf bei der ÖVP: Vinotheken?) Vinotheken schon! Wir werden es aber nicht zulassen, daß sonntags in Videotheken unselbständige Kolleginnen und Kollegen beschäftigt werden. Wir sind jedoch gerne bereit, über Fragen etwa im Zusammenhang mit Philips oder dem Call-Center, um Beispiele zu nennen, zu diskutieren.

Abschließend nochmals der Hinweis: Dem Kollektivvertrag kommt somit eine unverzichtbare Schutzfunktion zu, durch die wir auch weiterhin die Möglichkeit haben werden, die Feiertage und den Sonntag überwiegend arbeitsfrei zu gestalten und dieses Recht zu verteidigen. Daher werden die Sozialdemokraten diesen Novellen sehr gerne die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.05

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Königshofer. – Bitte.

14.05

Bundesrat DDr. Franz Werner Königshofer (Freiheitliche, Tirol): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Im Rahmen dieser Debatte möchte ich die Gelegenheit wahrnehmen, einmal auf die Grundproblematik im Bereich Arbeit und Beschäftigung hinzuweisen. Sie reden jetzt von einem Arbeitsgesetz in Österreich, laut welchem es erlaubt ist, teilweise am Sonntag geöffnet zu halten. Ich sage Ihnen: Das ist nur eine Etappe auf einem gewissen Weg.

Ich glaube, Sie müssen sich einmal die Grundproblematik anschauen. Blicken wir zurück auf den Zeitraum vor der EU-Abstimmung, vor den 12. Juni 1994, und erinnern wir uns, was Sie von den Regierungsparteien damals den österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern versprochen haben. Sie haben gesagt: Die österreichischen und auch mitteleuropäischen Sozialstandards werden nicht angetastet werden. Es sei jedem einzelnen Mitgliedsstaat unbenommen, auch höhere und bessere Sozialstandards zu haben. – Wir haben damals schon darauf hingewiesen, daß es sich dabei um eine Illusion im Soge der EU-Entwicklung handeln könnte. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Ihnen damals geglaubt. Sie haben daran geglaubt, daß die EU eine Schutzgemeinschaft für die europäischen Sozialstandards bilden wird. In dieser Überzeugung haben die Arbeitnehmer zum Großteil ja zur EU gesagt, und damit haben Sie das Ergebnis von 66 Prozent erreicht.

Jetzt, über zwei Jahre nach dem Beitritt zur EU, schauen die Dinge ganz anders aus! Nun ist keine Rede mehr davon, daß die EU eine Schutzgemeinschaft für unsere Sozialstandards ist. Ganz im Gegenteil: Jetzt werden die Grenzen aufgemacht, jetzt wird blanker Kapitalismus sichtbar, auf dessen Grundlage in ganz Europa und in der ganzen Welt gefuhrwerkt werden kann, wie man will. Und Sie, meine Damen und Herren, auch von den Sozialdemokraten, lassen sich zum Steigbügelhalter dieses Kapitalismus machen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die österreichischen Arbeitnehmer sind daher zu Recht enttäuscht, sie fühlen sich von Ihnen belogen und betrogen. In der Realität werden nämlich heute immer mehr Arbeitsplätze abgebaut oder in Billiglohnländer verlagert, wo die Lohnstückkosten wesentlich geringer sind als in Österreich. Die Arbeitsplätze werden nach Ungarn, in die Slowakei oder nach Tschechien verlagert. Denken Sie an Semperit, dort wurden die Maschinen abgebaut und in das Barum-Werk transferiert! Was haben Sie dagegen getan, außer daß Sie einige Forderungen aufgestellt haben? Die Arbeitsplätze werden auch noch weiter östlich verlagert: nach Polen, nach Weißrußland, bis nach Thailand, Indien, Pakistan. In diesen Dritte-Welt-Ländern müssen Menschen, vor allem auch Kinder, unter unmenschlichen Bedingungen Arbeiten erbringen, und die auf diese Weise billig erzeugten Artikel kommen dann zu uns und konkurrenzieren unsere Produkte, unsere Betriebe und unsere Arbeitsplätze. Das ist die Realität, und Ihre Aufgabe wäre es, das hintanzuhalten!

Aber es werden nicht nur vom entfernten Ausland billige Produkte gebracht. Das spielt sich jetzt schon mitten in Europa ab, bei uns und in Deutschland, indem nämlich innerhalb des EU-Raumes Billigarbeitskräfte transferiert werden. Wie wäre es denn sonst möglich, daß auf der


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