Bundesrat Stenographisches Protokoll 626. Sitzung / Seite 12

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Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich denke, daß dies eine nicht authentische Interpretation der Haltung des ÖGB und der Arbeiterkammer darstellt. Ich glaube, daß klargestellt worden ist, daß selbstverständlich auch die Arbeitnehmerorganisationen eine Informationskampagne über den Euro machen werden. Ich halte es allerdings für legitim, darauf hinzuweisen – ich vertrete diese Ansicht auch persönlich –, daß in der gegenwärtigen Diskussion auf europäischer Ebene der Bereich des Beschäftigungsaspektes unterentwickelt ist. Dies ist meiner Meinung nach eine legitime Sorge der Arbeitnehmerorganisationen. Ich meine daher, daß es insgesamt unsere politische Aufgabe sein muß, zusätzlich zu den Fiskalkriterien auch die Frage der Beschäftigungspolitik im europäischen Vertrag entsprechend zu positionieren, denn ein Europa mit 20 Millionen Arbeitslosen kann nicht ein Europa des Menschen sein! Ich möchte Mitglied einer Europäischen Union sein, die den Menschen mag, aber nicht Mitglied einer Europäischen Union, die nur auf Kapitalmaximierung ausgerichtet ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wir kommen nun zum Aufruf der 5. Anfrage, 738/M, an den Herrn Bundesminister für Finanzen. Ich ersuche Herrn Bundesrat Karl Hager (SPÖ, Niederösterreich) um die Verlesung seiner Frage.

Bundesrat Karl Hager: Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage schließt auch an Ihre letzte Beantwortung an und lautet:

738/M-BR/97

In welcher Weise wollen Sie das Thema "Beschäftigung und Kampf gegen die Arbeitslosigkeit" stärker in den Gremien der Europäischen Union vorantreiben?

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Bei einer der Zusatzfragen bin ich bereits darauf eingegangen. Ich denke, daß die Frage der Beschäftigung eines der Kernprobleme Europas und damit auch der Europäischen Union darstellt. Die österreichische Bundesregierung hat sich seit dem Beitritt zur Europäischen Union auch maßgeblich dafür eingesetzt, auf europäischer Ebene das politische Bewußtsein für die Bedeutung der Beschäftigung und der Sozialpolitik zu stärken. Das ist deshalb nicht ganz einfach, weil ich europäischen Beschäftigungsprogrammen eher kritisch gegenüberstehe, das heißt, ich möchte nicht in der Richtung interpretiert werden, daß ich den sogenannten europäischen Beschäftigungsprogrammen das Wort rede. Das möchte ich schon in aller Deutlichkeit sagen, denn das kann für einen Vertreter eines Landes, das Nettozahler in der Europäischen Union ist, keine Zielvorstellung sein.

Persönlich vertrete ich daher die Auffassung, daß wir die nationalen Beschäftigungsprogramme zu koordinieren haben, daß wir uns seitens der Europäischen Union gerade dort, wo es sich um die Entwicklung der transeuropäischen Netze, sowohl Schiene wie Straße als auch Telekommunikation und Wasserwege, handelt, zu einer gesamteuropäischen Konzeption zu entschließen haben, sonst kann dieser Raum auch von den infrastrukturellen Ressourcen her nicht zusammenwachsen.

Ich bin der Meinung, daß wir in dem Vertrag, der auf der Amsterdamer Konferenz neu überarbeitet werden soll, auf dem Beschäftigungskapitel beharren sollen. Es ist die überwiegende Mehrheit der europäischen Länder dafür. Möglicherweise könnte ein Ereignis dafür maßgeblich sein, daß die Briten ihr Veto gegen ein Beschäftigungskapitel zurückziehen. Ich bin sehr gespannt auf die nächsten Diskussionen im Rahmen des Ecofin. Ich halte die Verankerung der Notwendigkeit, offensive Beschäftigungspolitik in Europa zu machen, für eine logische Konsequenz, wenn wir wollen, daß dieser europäische Raum auch das ist, wofür wir ihn entwickelt haben, nämlich ein starker Wirtschaftsraum. Und zu einem starken Wirtschaftsraum gehört eine hohe Beschäftigung.

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Es wird keine Zusatzfrage gewünscht.


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