Bundesrat Stenographisches Protokoll 633. Sitzung / Seite 87

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15.20

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Ausführungen werden sich im wesentlichen auf das Börsegesetz konzentrieren, weil ich denke, daß gerade das Börsegesetz eine ganz wesentliche Fortsetzung zur vorangegangenen Debatte um die gesamten Fragen der Pensionsreform sein kann.

Auch nachdem die wirklich wichtigen Pensionsreformschritte gesetzt worden sind, ist unbestritten, daß wir in Hinkunft vor allem für die Jüngeren eine Möglichkeit finden und als Gesetzgeber diese Möglichkeit verstärkt anwenden werden müssen, daß auch persönlich Vorsorge getroffen wird für ein Gott sei Dank zu erwartendes höheres Lebensalter. Eine Form dieser Vorsorge wird in Hinkunft sein, daß die Bürgerinnen und Bürger der Republik Österreich ihr Vertrauen in Unternehmen nicht nur verbal ausdrücken, sondern das auch in Form der Veranlagung in Aktien, vor allem in längerfristiger Veranlagung in Aktien, dokumentieren.

Ich habe einen kleinen Rückblick getätigt, denn wenn man sich mit der Wiener Börse befaßt, dann ist es sicher günstig, einmal zurückzuschauen, welche Entwicklung die Wiener Börse in den letzten Jahren und Jahrzehnten genommen hat. Es ist festzustellen, daß sie wirklich alle Höhen und Tiefen durchgemacht hat, die ein solcher Kapitalhandelsplatz durchmachen kann. Während nämlich die Wiener Börse bis etwa Mitte der achtziger Jahre tatsächlich in so etwas wie einem Dornröschenschlaf lag, wurde sie dann innerhalb kürzester Zeit vornehmlich von ausländischen Investoren als interessanter Handelsplatz entdeckt. Die österreichischen Aktien haben sich eigentlich von heute auf morgen großer Beliebtheit erfreut, und Ende der achtziger Jahre war es ein tatsächlicher Börseboom, ein Börsefieber, das auch die Wiener Aktien in die Höhe schnellen ließ.

Der Hausse folgte Anfang der neunziger Jahre die Baisse, so wie das Amen im Gebet, möchte man fast sagen. Die Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Demokratisierung des Ostens, mit dem Fall des Eisernen Vorhanges haben weltweit zu Reaktionen an den Börsen geführt und im besonderen Maße zu Reaktionen an der Wiener Börse.

Die Euphorie, die vor der Ostöffnung auf dem Wiener Schauplatz für viele Kleinanlager geherrscht hat, mußte einer nüchternen Betrachtung weichen. Allen ist bewußt geworden, daß Aktien Risikokapital sind und immer Risikokapital bleiben werden. Ich nenne nur einen Namen, der, glaube ich, Ihnen allen bekannt ist: der Börsenguru der damaligen Zeit, ein gewisser Mike Lielacher, der in den Medien hochgejubelt wurde. Wir erleben gerade in den letzten Monaten und Wochen, daß er die Folgen des damaligen Geschehens zu verantworten und zu tragen hat.

Warum sage ich das alles sozusagen als Einleitung zu dieser Regierungsvorlage, die wir heute zu behandeln haben, nämlich zum Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 1989, das Börsefondsgesetz 1993 und das Aktiengesetz 1965 geändert werden? – Ich möchte anhand des Beispiels Wiener Börse aufzeigen, wie stark sich die Dinge gerade im abgelaufenen Jahrzehnt verändert haben. Ich bin mir sicher, daß sich die Dinge über die Jahrtausendwende hinweg noch rascher und noch stärker verändern werden, und ich glaube, wir tun wirklich alle gut daran, wenn wir uns darauf einstellen und frühzeitig auch entsprechende gesetzliche Notwendigkeiten für diese Veränderungen schaffen.

Ich sage Ihnen nichts Neues, wenn ich darauf hinweise, daß sich der Wettbewerb in allen Lebensbereichen verstärkt und der Informationsfluß immer rascher wird. In jedem Bezirk finden wir seit kurzem Lokalfernsehen, lokale Radiosender, es gibt Angebote in den Medien, wonach Firmen für einen Internet-Anschluß schon mit unter 200 S pro Monat werben. Das heißt, es ist kein Thema der Zukunft, sondern ein Thema der Gegenwart, daß wir mit immer schnelleren und aktuelleren Informationen zu leben haben.

Die Welt wird buchstäblich auch in unseren vier Wänden, in denen wir leben, zum Dorf werden. Besonders Börsen sind dieser rascheren Entwicklung unterworfen. Würden wir darauf beharren und meinen, daß die Wiener Börse, so wie sie sich jetzt zeigt – man wird bald sagen können: gezeigt hat, weil wir ja heute diese Gesetzesvorlage zur Veränderung voraussichtlich mehr


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