Bundesrat Stenographisches Protokoll 636. Sitzung / Seite 154

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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Bösch. – Bitte.

19.42

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Frau Vizepräsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Ludwig! Uns Freiheitlichen geht es heute nicht um eine Debatte über die Freiheit der Kunst, die auch für uns unbestritten ist, sondern uns geht es heute eindeutig darum, in diesem einen Bereich die Doppelzüngigkeit der Bundesregierung und ihrer Politik aufzuzeigen. Denn, Herr Staatssekretär, das können Sie sich merken: Es ist keine Trennung möglich zwischen dem Künstler Otto Mühl und dem, der die Verbrechen begangen hat! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bei der gestern in einem aus öffentlichen Mitteln subventionierten Theater abgehaltenen Veranstaltung wurde auch jenes schon zitierte Buch "Otto Mühl. Aus dem Gefängnis 1991 – 1997. Briefe/Gespräche/Bilder" verkauft. Darin heißt es – nunmehr vom Künstler Otto Mühl, um bei Ihrer Trennung zu bleiben –, wenn ich kurz zitieren darf: "Im Kampf gegen die vom Christentum produzierten sozialen Neurosen greift Mühl frontal die Familie an, die er – zu Recht – als das erste Glied in der Kette der Askese betrachtet. Statt des Paares, der Heirat, der Treue, der Monogamie forciert er die freie Sexualität, die einzig den Launen jener gehorcht, die sich zu ihr bekennen."

Herr Staatssekretär! Ist das jetzt der Künstler, oder ist das der Kinderschänder Mühl? – Diese Trennung müssen Sie mir noch genauer zeigen.

In weiterer Folge gibt Mühl in einem Interview mit der Herausgeberin dieses Buches auch noch Einblick in sein Geistes- und Seelenleben. Er sagt:

"Also, wenn man mich ins Burgtheater gelassen hätte" – er konnte damals nur im Konjunktiv sprechen, heute könnte er schon im Imperfekt oder Perfekt sprechen, denn man hat ihn gelassen –, "hätte ich alles, was es auf der Welt gibt, dargestellt: Einen Vater, der Kinder schändet. Zum Schluß ist er noch Gefängnisdirektor. Oder Richter. Draußen ist er ganz brav und anständig. Ein Nazi ist er, ein Mörder ist er. Er macht alles, keine Geisteskrankheit, keine Perversität, die es auf der Welt gibt, läßt er aus. Die Kinder sind auch schon toll, die ficken untereinander, es geht drunter und drüber in der Familie. Und nach außen sind sie anständig. Das gäbe ein Theaterstück! Da bleibt kein Auge trocken." (Bundesrat Dr. Böhm: In der Tat!)

Meine Damen und Herren! Es blieb leider kein Auge trocken. Wir als Oppositionspartei haben heute überhaupt keine Veranlassung, eigene Argumente zu finden. Die Argumente liefert uns nämlich die Gesellschaft, denn gestern hat die Belegschaft des Burgtheaters vor der Veranstaltung ein Flugblatt verteilt, in dem es heißt:

"Otto Mühl hat heute sein Burgtheaterdebüt. Sie ehren ihn durch Ihre Anwesenheit" – so sprechen die Mitglieder des Ensembles die Besucher der Veranstaltung an, – "Sie ehren damit einen Mann, der im November 1991 verurteilt wurde wegen

1. Unzucht mit Unmündigen

2. Beischlaf mit Unmündigen

3. sittlicher Gefährdung in zahlreichen Fällen

4. Mißbrauch eines Autoritätsverhältnisses und

5. Vergewaltigung eines knapp über vierzehnjährigen Mädchens."

Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Ich nehmen Ihnen die faule Ausrede, die Sie hier mit der Trennung dieser Persönlichkeit gebrauchen, einfach nicht ab. Sie haben als der für Kultur verantwortliche Staatssekretär alle Folgen, die von diesem Auftritt ausgehen, zu tragen,


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