Bundesrat Stenographisches Protokoll 642. Sitzung / Seite 36

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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Meier. – Bitte.

16.02

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Ich möchte in meinem heutigen Beitrag zum Vertrag von Amsterdam an dem anschließen, was ich hier im Bundesrat bereits am 4. Juni ausgeführt habe.

Bei dieser Vertragsänderung geht es um eine Weiterentwicklung und Vertiefung innerhalb der Europäischen Union. Für die einen entwickelt sich die EU zu rasch; sie greife zu sehr in die nationalen Angelegenheiten ein. Für die anderen geht es zu langsam, wenn Forderungen erhoben werden, daß die EU da oder dort – wie zum Beispiel in der Außenpolitik – schon gemeinsame Aktionen hätte durchführen müssen.

Ich denke, daß aber der Zeitpunkt endgültig vorbei ist, zu dem es ein grundsätzliches Nein zur Europäischen Union und damit eine stetig wiederholte Kritik an der Europäischen Integration geben könnte. Es geht nun darum, auf möglichst breiter Basis die EU weiterzuentwickeln, um das Bewußtsein, daß wir eine gemeinsame europäische Familie sind, zu stärken.

Im Vertrag von Amsterdam wird noch stärker unterstrichen, daß die Grundsätze Freiheit, Demokratie, Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie Rechtsstaatlichkeit fundamentale Punkte der Europäischen Union sind und daß die Achtung dieser Grundsätze die unbedingte Voraussetzung für jeden weiteren, neuen Beitritt zur Europäischen Union ist.

Ich bin letztes Mal auch schon auf die Themen Freier Personenverkehr, Einwanderung und Visa eingegangen, ebenso auf die Einbeziehung der Schengen-Zusammenarbeit in die EU und auf die Reform der Dritten Säule. Ich wollte diese Punkte nur noch anführen, weil sie in diesen Vertragsänderungen betont gehören.

Es hat sich nun nach längerer Diskussion auch stärker durchgesetzt, daß die wichtige Frage der Beschäftigungspolitik durch zusätzliche Impulse auf der europäischen Ebene unterstützt wird und damit die schwerwiegende Arbeitslosigkeit in Europa gemildert werden kann. Herr Staatssekretär Dr. Wittmann ist darauf schon eingegangen, und ich schließe mich diesen Ausführungen an. Dadurch sollen die Aktivitäten der Union in allen ihren Einflußbereichen stärker an den beschäftigungspolitischen Zielen orientiert werden.

Zur Sozialpolitik möchte ich anführen, daß durch den Wechsel in der britischen Politik das seinerzeitige Opting-out beendet wird, sodaß das Maastrichter Sozialabkommen durch entsprechende Bestimmung des europäischen Gemeinschaftsverfahrens nunmehr als Gemeinschaftspolitik für sämtliche Mitgliedstaaten gilt. Es wird eine Rechtsgrundlage zur verstärkten Bekämpfung sozialer Ausgrenzung geschaffen, und auch die Bestimmungen über die Gleichbehandlung von Frauen und Männern werden gestärkt.

Eines längeren Beitrags bedürfte nun das Thema der künftigen Außen- und Sicherheitspolitik. Ich denke, wir sollten uns in Österreich auf die bestehende österreichische und europäische Gesetzeslage stützen. Ohne gegen Diskussionen zu sein oder gar die Meinungsfreiheit zu beschränken, sollten wir in Österreich die derzeitige Gesetzeslage einfach anerkennen, sehr geehrte Damen und Herren! Dem stehen die im Vertrag von Amsterdam getroffenen Regelungen nicht entgegen, wenn auch der Europäische Rat bei gemeinsamem Interesse der Mitgliedstaaten gemeinsame Strategien festlegen kann, um damit verstärkt zu einer gemeinsamen Außenpolitik zu gelangen. Dennoch bedeutet eine Beschlußfassung mit qualifizierter Mehrheit in diesen Bereichen nicht, daß die EU, auch was Österreich betrifft, in die bei uns bestehende gesetzliche Lage und unsere Außenpolitik – auch im Hinblick auf die Neutralität – eingreift.

Denn die Einstimmigkeitsregel bleibt bei allen grundlegenden politischen Entscheidungen und im gesamten militärischen Bereich weiterhin aufrecht. Die Flexibilität besteht darin, daß Staaten bei einer konstruktiven Stimmenthaltung nicht verpflichtet sind, an der Umsetzung dieser Be


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