Bundesrat Stenographisches Protokoll 642. Sitzung / Seite 137

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Sinnvoll wäre es gewesen, vier Punkte in diese Änderung mitaufzunehmen: erstens die Zusammenlegung der Wahlen in ganz Österreich auf einen Sonntag, möglichst kombiniert mit einer anderen bundesweiten Wahl; zweitens die automatische Zusendung einer Wahlkarte gleichzeitig mit der Information der in der Wählerliste aufgenommenen Wahlberechtigten, die sowohl zur persönlichen Stimmabgabe in einem Wahllokal als auch zur Briefwahl berechtigt; drittens die Einrichtung eines Wahllokals in jeder Gemeinde, in dem das Stimmrecht mit jeder Wahlkarte wahrgenommen werden kann; und viertens die Auszählung der Stimmen auf Bezirks- oder Landesebene.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für diese vier Punkte waren die Regierungsparteien nicht zu haben. Wir Freiheitliche sind für Ihre Änderungen ebenfalls nicht zu haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.40

Präsident Alfred Gerstl : Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte.

9.40

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Erlauben Sie mir auch – wie von einigen der Bundesräte schon formuliert – ein paar grundsätzliche Bemerkungen zu den beiden Kammergesetzen, und damit auch zu dem Selbstverständnis, das wir in Österreich haben.

Wir haben neben freiwilligen Interessenvertretungen auch gesetzliche Interessenvertretungen gesetzmäßig verankert, die es uns ermöglichen, einen entsprechenden Interessenausgleich, aber auch den Schutz von kleineren und schwächeren Gruppen in unserer Gesellschaft – seien sie auf der Arbeitnehmerseite oder seien sie auf der Arbeitgeberseite – in einer aus meiner Sicht noch besseren Form zu gewährleisten und damit auch viele Probleme, die durch Veränderungen in der Technologie, in der Globalisierung, in der Gesellschaft, in der Wirtschaft insgesamt entstehen, wesentlich besser einer Lösung zuzuführen, als es Gesellschaftssysteme in anderen Staaten können.

Wir haben sehr viele Anfragen aus anderen europäischen Ländern danach, wie unser System der Sozialpartnerschaft funktioniert und wie wir es schaffen, in dieser Form Interessenausgleich zustande zu bringen. Es wird ein gewisser Respekt und auch eine Anerkennung spürbar, und es ist schon zum Ausdruck gebracht worden, daß unser System absolut auch Vorbildwirkung in sehr vielen anderen Ländern hat.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich glaube daher, wenn hier grundsätzlich in Frage gestellt wird, daß das System der Dualität zwischen freiwilligen und gesetzlichen Interessenvertretungen sinnvoll ist, dann muß man auch ehrlich dazusagen, daß man diese Form des Interessenausgleiches nicht haben will und eine Änderung unserer gesamten gesellschaftlichen Ordnung anstrebt.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Es haben sich die gesetzlichen Interessenvertretungen – ich meine damit die großen Kammern – im Jahr 1996 einer sehr anspruchsvollen Mitgliederbefragung unterzogen. Sie haben ihren Mitgliedern – dies war repräsentativ für fast alle Österreicherinnen und Österreicher – die direkte, offene Frage gestellt: "Wollen Sie, daß es weiterhin gesetzliche Interessenvertretungen im Sinne der jeweiligen Kammer gibt?" Um politisch nicht etwas in Frage zu stellen und um Gleichheit in der Kompetenz, in der Zuordnung und in der Gewichtung zustande zu bringen, wurde von beiden großen Kammern, Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer, die gleiche Fragestellung gewählt, es wurde eine fast wortidente Frage an die Mitglieder gerichtet.

Ich kann verstehen, daß alle jene, die das System der Sozialpartnerschaft, das System der Kammern in Frage stellen, die die Kammern sogar durch gesetzliche Initiativen im Hohen Haus abschaffen wollten, nicht begeistert waren, sondern im Gegenteil wahrscheinlich sehr enttäuscht gewesen sind, daß sich die Mitglieder der Kammern mit einem derart überzeugenden Votum – nicht nur von der Beteiligung, sondern auch von der Zustimmung her – zu diesem System


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