Bundesrat Stenographisches Protokoll 643. Sitzung / Seite 154

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

erbracht oder nicht erbracht hat. Der Umgang mit den Noten, auch und vor allem jener der Eltern, ist wesentlich, nämlich: Wie sehe ich eine Note? Wenn jemand ein "Nicht genügend" hat, heißt das nichts anderes, als daß er nicht genügend gelernt hat. Er muß sich also auf seinen "Hosenboden" setzen und etwas lernen. Wenn einer ein "Sehr gut" hat, dann zeigt das, daß er die Sache gut gemacht hat.

Wir dürfen nicht vergessen, daß wir unser ganzes Leben lang nach unseren Leistungen beurteilt werden. Je früher ein Schüler damit umzugehen lernt, daß es eine Beurteilung seiner Leistung gibt, mit der er auch etwas anfangen kann, desto leichter fällt es ihm im späteren Leben, vor allem im Berufsleben, mit einer entsprechenden Beurteilung zu leben. Eine verbale Beurteilung ist oft ein Wischiwaschi, bei dem man nicht genau weiß, was damit gemeint ist – die Eltern vielleicht mehr, aber die Kinder weniger. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Wettbewerb wird schärfer. Wir sprechen immer, auch Sie, vom lebenslangen Lernen. Lebenslanges Lernen bedeutet aber, daß ich auf einer Basis aufbauen muß. Und da finde ich zum Beispiel eine Idee von Ihnen, Frau Ministerin, sehr gut: den Lese- und Schreibtest. Es wird oft genug beklagt, auch von der Wirtschaft – die Schüler, die wir aus den Schulen entlassen, müssen sich nun einmal in der Wirtschaft bewähren –, daß Schüler nicht rechtschreiben können, daß sie Texte nicht richtig verstehen und ähnliches mehr.

Das betrifft auch den nächsten Punkt: Englisch ab der 1. Schulstufe. Auch das ist etwas, wogegen grundsätzlich nichts einzuwenden ist. Der Grund dafür, daß man dies einführt, ist, daß die Kinder in diesem Alter sprachlich besonders aufnahmefähig sind. Es wäre aber ganz wesentlich, daß man muttersprachlichen Unterricht, also einen muttersprachlichen Lehrer hat, der den Kindern Englisch vermittelt. Es ist dann egal, ob es ein Amerikaner oder Engländer ist, das ist nicht wesentlich.

Ich stelle mir die Situation auf Wien bezogen so vor: Wenn eine Volksschullehrerin unterrichtet, die mit einem gewissen Ottakringer Akzent den Kindern Englisch vermittelt, dann ist das eine Form, die diesen Kindern eintrainiert wird. Diese kriegen sie in der Mittelschule fast nicht mehr weg.

So weit reichen die Maßnahmen aber wieder nicht – Hauptsache, wir fangen in der 1. Volksschulklasse mit Englisch an.

Oft genug ist es aber so, daß die Kinder nicht einmal entsprechend Deutsch können. Wir müssen sehr darauf schauen, daß das auch geübt wird, daß den Kindern auch die sprachliche Ausdrucksfähigkeit vermittelt wird. Das trifft dann auch auf jene Kinder zu, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Sie werden es besonders schwer haben, weil sie sich mit drei Sprachen gleichzeitig befassen müssen. Daher glaube ich, daß die alte Regelung, nämlich erst ab der 3. Klasse Volksschule Englisch zu unterrichten, ausreichend gewesen wäre – auch unter dem Gesichtspunkt, daß die Schüler später in der Wirtschaft mit einer Fremdsprache bestehen können müssen.

Frau Ministerin! Alles in allem muß ich Ihnen sagen: Diese Regierungsvorlagen bekommen von uns ein "Nicht genügend", und daher werden wir sie auch ablehnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.19

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Günther Leichtfried. Ich erteile ihm dieses.

9.19

Bundesrat Mag. Günther Leichtfried (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Ich muß eingangs zu den Ausführungen der Kollegin Mühlwerth einige Korrekturen anbringen. (Bundesrätin Mühlwerth: Sie müssen mich nicht korrigieren!)  – Ich muß, es ist notwendig. (Weiterer Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth. ) Frau Kollegin Mühlwerth, ich stehe seit 25 Jahren in der Schule und habe ein bißchen andere Erfahrungswerte als jene, die Sie uns zur Kenntnis gebracht ha


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite