Bundesrat Stenographisches Protokoll 644. Sitzung / Seite 78

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

14.54

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Schlußworte des Kollegen Böhm haben die ganze Paradoxie dieser Debatte aufgezeigt. Er hat recht – ich unterstreiche jedes Wort, das er und der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr in seiner Anfragebeantwortung gesagt haben –, wenn er meint, daß in einem Rechtsstaat abgeschlossene Verfahren und anhängige Gerichtsverfahren Voraussetzungen für einen Baubeginn sind. Ich habe nicht mitstenographiert, aber so lautete auch die Beantwortung der letzten Frage. Alles andere, was in dieser Debatte gesagt wurde, ist das Vertreten von Standpunkten, die vor allem in einer Auseinandersetzung legitim sind. Dabei möchte ich aber anmerken, daß ich mir die Ausführungen des Kollegen Böhm zur Frage, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist, mit wesentlich mehr Interesse angehört habe als die Anmerkungen der Kollegin Mühlwerth zum Grundwasser und die Anmerkungen des Kollegen Gudenus zu Verkehrsführungen, weil Kollege Böhm – im Unterschied zu seiner Kollegin und zu seinem Kollegen – jedenfalls von seinem Gegenstand mehr verstanden hat.

Was diese Debatte über den Status der Paradoxie hinaushebt, war jenes bemerkenswerte Beispiel der sprachlichen Verrohung, das uns Kollege Gudenus geboten hat. Ich bin nicht zimperlich, und ich habe mir auch schon einen Ordnungsruf in diesem Hohen Haus eingehandelt – wenn der Präsident zuhört, passiert das manchmal –, aber, Herr Kollege Gudenus, es gibt Grenzen. Da lege ich Wert darauf, Kollege Gudenus, daß Sie mir zuhören (Bundesrätin Dr. Riess-Passer spricht mit Bundesrat Mag. Gudenus an seinem Platz), sonst können Sie machen, was Sie wollen. (Bundesrätin Dr. Riess-Passer und Bundesrat Mag. Gudenus führen das Gespräch trotz Aufforderung, zuzuhören, weiter.) Gut, dann nicht, lassen wir es halt. Ich habe Ihnen zugehört, aber Sie haben es anscheinend nicht notwendig. Sie wissen natürlich alles über das Grundwasser und über die "politischen Wildschweine", aber ich sage Ihnen – vielleicht bekomme ich dafür einen Ordnungsruf –: Eine solche beispiellose Schweinerei ist in diesem Haus schon seit Jahren nicht mehr passiert! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Insinuation, daß ein Projekt in Angriff genommen würde, weil irgend jemand mitschneiden wolle, ist eine solche Frechheit, daß man nur sagen kann: Das ist Ihre Denkweise, wahrscheinlich machen Sie es so! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege! Wenn mir jemand vorwirft, daß ich einen legitimen politischen Standpunkt vertrete, weil ich korrupt sei, dann ist das eine Frechheit, und ich rege mich auf! (Bundesrat Dr. Tremmel: Der Lautsprecher ist auf normale Lautstärke eingestellt!) Kollege Gudenus hört nichts, daher muß ich ein bißchen im Tonfall zulegen. (Bundesrat Dr. Tremmel: Ach so!)

Lassen Sie mich nun folgendes zum Lainzer Tunnel sagen: Ich wohne nicht dort – da hat mich Kollege Himmer in meinem Zwischenruf falsch verstanden – , wo der Tunnel gebaut wird, sondern ich habe viele Jahre meines Lebens an der Verbindungsbahn gewohnt. Wenn irgend jemand Verkehrskonzeptionen ernst nimmt, wenn irgend jemand ernsthaft meint, daß wir den Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern sollten – irgendwie habe ich das Gefühl, daß das die allgemeine Weisheit ist, die wir alle teilen –, dann sage ich als jemand, der zwar heute nicht mehr, aber etwa zehn Jahre hindurch zur betroffenen Bevölkerung gezählt hat, daß selbst dann, wenn eine Tieferlegung möglich wäre, was ich heftig bestreite, das unzumutbar ist, denn es handelt sich in diesem Fall nämlich um eine Verbindungsbahn, die durch dicht verbautes Gebiet geht. Irgendwie habe ich schon das Gefühl, daß viele Kolleginnen und Kollegen keine Ahnung haben, wo das ist (Bundesrätin Mühlwerth: Doch, doch, Sie haben nur nicht zugehört!), also offensichtlich nicht genug Bescheid wissen, sonst würden sie keine Tieferlegung verlangen. Ich rate Ihnen, sich einmal die Topographie dort anzuschauen. Auf der Hietzinger Seite ist heute schon der Einschnitt etwa 40 Meter tief, und wenn man dort noch tiefer gehen soll, dann rutschen die Häuser ab.

Frau Kollegin Mühlwerth! Ich schlage Ihnen vor, das Gebiet dort einmal zu besichtigen. Ich mache Ihnen sogar das Angebot einer "guided tour" (Bundesrätin Mühlwerth: Bitte nicht!), damit Sie wissen, was dort eigentlich los ist. Die Vorstellung, daß man auf einer Strecke von etwa 100 Metern in die Untertunnelung hinunterkommt – dort ist zufällig die Hietzinger Hauptstraße, macht nichts, die quert man dann diagonal von oben auf dem Weg in den Tunnel –, kann man,


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite