Bundesrat Stenographisches Protokoll 644. Sitzung / Seite 80

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eine Verletzung ihrer verfassungsgemäßen Aufgaben zu unterstellen. Ich glaube, daß wir bei solchen Auseinandersetzungen und mit solchen Unterstellungen über die Grenze dessen hinausgehen, was auch in einer scharfen politischen Auseinandersetzung zulässig ist. (Beifall bei der SPÖ.)

15.05

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Windholz. – Bitte.

15.05

Bundesrat Ernest Windholz (Freiheitliche, Niederösterreich): Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf die Fragen 20 und 21 eingehen, nämlich ob Ihnen erinnerlich ist, daß auch der ÖBB-Generaldirektor vor der drohenden Unfinanzierbarkeit der von der HL-AG betriebenen Bahnbauten warnt und wörtlich erklärte: "Diese Gesellschaften verfolgen eigenständige Ziele, nämlich bauen.", und wann Sie das Wirrwarr im Bahninfrastrukturbereich endlich beseitigen werden.

Die Antworten waren kurz und knapp. Einerseits wurde gesagt, daß in diesem Fall ÖBB-Generaldirektor Draxler keine Kompetenz habe beziehungsweise es kein Wirrwarr gebe.

Ich meine, die Aussagen des ÖBB-Generaldirektors Draxler sind sehr ernst zu nehmen und gehören auch hier mitdebattiert.

Den ÖBB-General stören, wie dem "Wirtschaftsblatt" zu entnehmen ist, vor allem die Prioritäten der Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesellschaft und der für Bau und Planung zuständigen Hochleistungsstrecken AG. Beide werden übrigens in Personalunion vom ehemaligen Ministersekretär Prenner geleitet. Seine Aussage ist, daß beide Gesellschaften eigenständige Ziele verfolgen, nämlich das Bauen, das Bauen um jeden Preis. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesellschaft wurde im Jahr 1996 gegründet, um den Ausbau des Schienennetzes außerbudgetär zu finanzieren. Der Bund garantiert 60 Prozent der aufgenommenen Kredite und sämtliche Finanzierungskosten. Bedient werden sollen diese Schulden durch die Benützungsentgelte, die die Bahnen, also ÖBB, Privatbahn, aber auch private Unternehmungen, die die Schieneninfrastruktur nützen, abliefern. Derzeit bezahlt jedoch lediglich die ÖBB einen Betrag von heuer rund 3,5 Milliarden Schilling.

Schon jetzt haben die ÖBB und die Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesellschaft 70 Milliarden Schilling Schulden angehäuft. Weitere Projekte im Gesamtwert von 143 Milliarden Schilling sind bereits beschlossen. Zuzüglich der Finanzierungs- und Folgekosten ist daher bis zum Jahr 2009 mit einer Gesamtsumme von 400 Milliarden Schilling Schulden zu rechnen.

Da die Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesellschaft vor allem gegründet wurde, um für eine maastrichtkonforme Finanzierung der Eisenbahninvestitionen zu sorgen, muß die Bahn die Hälfte der laufenden Kosten, also zumindest der Zinsen, aufbringen, sonst würde der Schuldenberg der Maastricht-Verschuldung zugeschlagen werden. Bei der Annahme eines 400-Milliarden-Kredites sind pro Jahr auch unter günstigsten Umständen zumindest 20 Milliarden Schilling an Zinsen aufzubringen. Ich glaube, auch diese Argumente gehören mitbetrachtet. Es kann nicht angehen, daß um jeden Preis gebaut wird. (Bundesrat Rauchenberger: Aus welcher Zeitung haben Sie das zitiert?) Das ist ein Interview mit ÖBB-Generaldirektor Draxler im "Wirtschaftsblatt" und stammt vom 14. Mai für den Fall, daß Sie es nicht glauben wollen.

Wenn vorher die Bürgerbeteiligung angesprochen wurde und die Frage der Zufriedenstellung aller Wünsche, so ist für mich klar – ich bin auch ein technischer Laie –: Jedem recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.

Trotzdem: Bei diesem Projekt gehört auch vor dem Hintergrund der zukünftigen Finanzierbarkeit dieser Projekte geprüft. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.09


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