Bundesrat Stenographisches Protokoll 645. Sitzung / Seite 19

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Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Nein, das soll es nicht bedeuten, und es soll auch nicht das individuelle Recht auf Asyl angetastet werden. Wir glauben aber, daß es notwendig und wichtig ist, daß es bei Massenfluchtbewegungen aufgrund von kriegerischen Ereignissen, wie es beispielsweise in Bosnien der Fall gewesen ist, ein gemeinsames Handeln der Europäischen Union gibt.

Präsident Alfred Gerstl: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Frau Bundesrätin Therese Lukasser.

Bundesrätin Therese Lukasser (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie haben das Stichwort Lastenausgleich genannt. Ich darf Sie fragen: Wieweit sind die Bemühungen um einen adäquaten Lastenausgleich zwischen den Staaten der EU vorangekommen?

Präsident Alfred Gerstl: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Diese Bemühungen, Frau Bundesrätin, gibt es seit einigen Jahren, und bisher ist es nicht möglich gewesen, zu erreichen, daß die europäischen Staaten ein gemeinsames Handeln setzen.

Hier spiegelt sich die alte Weisheit wider, daß das Sein das Bewußtsein bestimmt, und wenn wir sehen, daß eine Reihe von Mitgliedstaaten der Europäischen Union nur einige hundert Asylwerber pro Jahr haben und im Vergleich dazu Österreich, Deutschland, die Niederlande und Schweden sehen, die, gemessen an der Einwohnergröße, die zehnfache Anzahl an Asylwerbern haben, so zeigt sich schon die Problematik, der wir ausgesetzt sind.

Trotzdem glaube ich, daß es aufgrund des starken Drucks von Deutschland, den Niederlanden, von Belgien, Schweden, aber auch und vor allem von Österreich in den letzten Monaten gelungen ist, ein Umdenken zu erreichen, und ich bin eigentlich sehr optimistisch, daß es uns gelingen wird, das Prinzip der gemeinsamen Flüchtlingspolitik noch heuer in einem gemeinsamen Dokument des Rates für Justiz und Inneres festzuhalten.

Ich bin auch optimistisch, daß es uns gelingen wird, zu erreichen, daß es zu einem finanziellen Lastenausgleich kommt. Beispielsweise hat Österreich bei der Aufnahmeaktion von Bosniern bisher rund 5,5 Milliarden Schilling ausgegeben, davon haben wir keinen einzigen Schilling von der Europäischen Union bekommen. Ziel eines solchen finanziellen Lastenausgleiches wäre es, zu erreichen, daß es bei solchen Massenfluchtbewegungen seitens der Europäischen Union auch eine entsprechende finanzielle Unterstützung für die einzelnen Mitgliedstaaten gibt. – Da bin ich sehr optimistisch.

Beim Lastenausgleich nach Personen bin ich nicht so optimistisch, das heißt, daß man nach einer bestimmten Quote auf die einzelnen Staaten aufteilt. Ich halte es für unrealistisch, daß wir das durchsetzen können. Ich halte es aber für realistisch, daß es das Instrument der zusätzlichen freiwilligen Aufnahme geben wird, und ich hoffe, daß wir hier einen Schritt und ein Stück weiterkommen werden.

Präsident Alfred Gerstl: Frau Bundesrätin Johanna Schicker, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage bezieht sich nicht ursächlich auf dieses Strategiepapier, aber sie steht doch im Zusammenhang damit. Denn bezüglich der Migrations- und Asylpolitik steht, so höre ich, auch die Frage der Unterbringung von Kosovo-Flüchtlingen wieder vermehrt im Vordergrund, und es werden für diese Kosovo-Flüchtlinge wieder vermehrt Quartiere auch in den Bundesländern gesucht.

Ich könnte hier ein Angebot machen: Wir haben in Leoben ein Flüchtlingsheim, das bis jetzt von bosnischen Flüchtlingen belegt war und nach deren Rückkehr nur mehr zur Hälfte belegt ist. Leoben hätte also Platz, die Betreuung wäre gewährleistet. Könnten auch solche Quartiere in Betracht gezogen werden?


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