Bundesrat Stenographisches Protokoll 651. Sitzung / Seite 92

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Es gibt zweifellos Spitzen, das gestehe ich Ihnen zu. Ich sage durchaus, daß manche Kollegen von mir unter den Notaren und manche Ärzte sicherlich zuviel verdienen. Das muß in der heutigen Zeit, in der wir um jeden Arbeitsplatz ringen, nicht sein. Man kann ruhig teilen, abbauen. Nur es gibt eine Milchmädchenrechnung, Herr Kollege Drochter! In meinem Bezirk sind wir zwei Notare, wir haben jeder sechs Angestellte, und wir bewältigen die Arbeit durchaus. Und es gibt zehn Rechtsanwälte. Nehmen wir an, ein dritter Notar kommt hinzu. Was wird passieren? – Er wird einen Teil der Arbeit übernehmen, ich werde voraussichtlich zwei Angestellte nach Hause schicken, diese werden vielleicht hinüberwechseln können. Vielleicht kann einer zusätzlich beschäftigt werden; gut, dann hat das seine Berechtigung. (Bundesrat Drochter: Sie haben Angst vor der Konkurrenz!)  – Ich fürchte die Konkurrenz nicht, ich habe kein Problem damit. – Nur die 30 000 Arbeitsplätze sind in das Reich von "Grimms Märchen" einzureihen. (Beifall bei der ÖVP.) Das glaubt Ihnen niemand! (Bundesrat Drochter: IHS!) Das ist eine rein politisch motivierte Kampagne. Das werden Sie nicht spielen können, glauben Sie mir!

Meine Fraktion hat beschlossen, daß wir diesem Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, das insgesamt zweifellos einen Kompromiß darstellt, natürlich auch einen Kompromiß mit der Interessenvertretung, zustimmen. Es ist sehr viel hineinverpackt: ein besserer Zugang, auch eine bessere Qualität der Ausbildung und natürlich mehr Wettbewerb. Das soll durchaus auch eine Kostensenkung mit sich bringen; da stimme ich Ihnen zu. Trotzdem aber verbleiben der Wirtschaftstreuhänder und der Buchprüfer mit besonderer Qualität und sozusagen mit dem kleinen Äquivalent, daß sie auch vor Unabhängigen Verwaltungssenaten und vor dem Verwaltungsgerichtshof vertreten dürfen, weil Tausende von Steuerfällen beim Verwaltungsgerichtshof landen.

In diesem Sinne bedanke ich mich, daß Sie mir zugehört haben. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Drochter. )

14.37

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. Ich erteile ihm das Wort.

14.37

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Änderungen im Wirtschaftstreuhandberufsgesetz haben natürlich – es ist die Debatte auch inhaltlich zusammengelegt, nämlich über drei zu beratende Punkte – Auswirkungen auf andere Gesetzesmaterien, in erster Linie in gravierender Form auf die Gewerbeordnung.

Meine Damen und Herren! Mit der Änderung der Gewerbeordnung, vor allem mit der Schaffung des neuen Berufes des Gewerblichen Buchhalters, schaffen Sie von den Regierungsparteien zwei Klassen von Buchhaltern, den Gewerblichen Buchhalter einerseits und den sogenannten Selbständigen Buchhalter, den es in dieser Form bisher auch gegeben hat, andererseits. Das, meine Damen und Herren, ist einzigartig, deshalb einzigartig in Österreich, weil – das wird wahrscheinlich die Begründung der beiden Koalitionäre dafür sein – das Steuersystem in Österreich insgesamt nicht mehr durchschaubar und überaus kompliziert ist.

Meine Damen und Herren! Anstelle dieser Gesetzesnovellen, die Sie uns vorgelegt haben, wäre es viel vernünftiger, wenn Sie ein einfaches, gerechtes und vor allem durchschaubares Steuersystem vorlegen und nicht diesen sogenannten Pseudoschritt im Hinblick auf die Schaffung neuer Berufsbilder im Steuerrecht und in der Gewerbeordnung setzen würden.

Meine Damen und Herren! Nicht nur, daß Sie damit die Gruppe der Steuerberater kriminalisieren, Sie machen auch den Betroffenen, der Bevölkerung, dem Steuerzahler falsche Hoffnungen. Alleine die Tatsache, daß der Selbständige Buchhalter, für den das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz gilt, zum Teil die gleichen Kompetenzen hat wie der Gewerbliche Buchhalter, zum Beispiel bei der Lohnverrechnung oder bei der Einnahmen- und Ausgabenrechnung, und daß er vor allem eine Haftpflichtversicherung braucht, der Gewerbliche Buchhalter hingegen keine, bedeutet eine Ungleichbehandlung gleicher Leistungen.


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