Bundesrat Stenographisches Protokoll 657. Sitzung / Seite 120

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Eine Reihe von Verfassungsbestimmungen im Text erinnert aber daran, daß in der heute schon erwähnten, leider gescheiterten Bundesstaatsreform das Inkorporierungsgebot, wonach Verfassungsbestimmungen in Hinkunft nur mehr in das Stammgesetz des Bundes-Verfassungsgesetzes aufgenommen werden sollten, immer wieder im Gespräch war.

Das Grundrecht auf Datenschutz ist der Ausfluß des Persönlichkeitsrechtes, wie es schon im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch in seiner Stammfassung aus dem Jahre 1811 und im Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867 über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger verankert worden und im wesentlichen noch heute geltendes Recht ist. Es ist schon erstaunlich, daß es in über 130 Jahren nicht gelungen ist, einen modernen Grundrechtskatalog in Österreich zu schaffen. Oder fehlt es an jenem breiten politischen Konsens, der ein solch schwieriges Werk, sozusagen das Credo unseres demokratischen Rechtsstaates, zu tragen vermöchte?

Diese Frage stellt sich, und Anzeichen hiefür gibt es, so etwa das Unterfangen, Österreichs Neutralität im Spannungsfeld der Europäischen Union zum Wahlkampfthema zu machen, oder den Bundesrat ohne irgendeine Auseinandersetzung mit Österreichs Bundesstaatlichkeit – gewissermaßen durch Zuruf, und das von einem Professor der Finanzwissenschaften! – aus Einsparungsgründen abschaffen zu wollen, ohne sich je ernsthaft für eine Reform verwendet, geschweige denn interessiert zu haben.

Es erinnert etwa auch an die Tatsache, daß sich der Nationalrat noch nie in seiner Geschichte, seit dem Jahre 1920, mit einem Gesetzesantrag des Bundesrates auseinandergesetzt hat. Er hat solche Gesetzesanträge bisher nicht einmal ignoriert, sondern offensichtlich nur gelocht und abgelegt, vielleicht im modernen Computer gespeichert.

Das Grundrecht auf Datenschutz gewährt Rechte auf Auskunft, Richtigstellung und Löschung von Daten, Ansprüche gegen Auftraggeber des privaten Bereichs wegen Verletzung der Rechte der Betroffenen, auf Geheimhaltung, auf Richtigstellung oder auf Löschung; sie sind vom Betroffenen auf den immerhin etwas dornigen Zivilrechtsweg im Streitverfahren geltend zu machen.

Wenn der Betroffene seine Beschwerde gegen einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs richtet, ist die Datenschutzkommission zuständig. Im übrigen ist jedermann befugt, sich wegen einer behaupteten Verletzung seiner Rechte oder ihn betreffenden Pflichten eines Auftraggebers oder Dienstleisters mit einer Eingabe direkt an die Datenschutzkommission zu wenden. Der Datenschutzkommission kommen weitgehende Einschaurechte zu. Sie genießt wie Organe der Gerichtsbarkeit Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit und übt ihre Befugnisse auch gegenüber den obersten Organen, also gegenüber der Bundesregierung und dem Bundespräsidenten, aus.

Der vorliegende Entwurf ist in sich stimmig. Ich schlage deshalb vor, dagegen keinen Einspruch zu erheben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

15.44

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kainz. – Bitte.

15.44

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Frau Vizepräsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Datenschutz verbindet der Normalverbraucher im Regelfall mit jenem lästigen Umstand, der heute schon zur Sprache gekommen ist, nämlich daß Versandhäuser und alle möglichen Firmen Gelegenheit haben, an einen Mitbürger heranzutreten, ohne daß jener nachvollziehen kann, woher das Adressenmaterial stammt. Er fühlt sich belästigt! Das ist allerdings nur die Spitze des Eisberges. Aber ich glaube, daß dem in diesem nun vorliegenden neuen Datenschutzgesetz mit der Formulierung der "sensiblen Daten", der Klarstellung der Möglichkeiten Rechnung getragen wurde.

Ich möchte jedoch einige Bemerkungen zu einem Umstand machen, der in diesem Gesetz verständlicherweise nicht angesprochen werden kann, sondern auf EU-Ebene unseren vollen Einsatz notwendig macht. Er betrifft jene Daten, die unter dem Titel "Betriebsdaten" den gläsernen


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