Bundesrat Stenographisches Protokoll 657. Sitzung / Seite 136

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Sammlungen und Einrichtungen des Bundes" bilden keine Grundlage für eine allgemeine Zugangsregelung zu bestehendem Archivgut – ein Umstand, der unter anderem auch auf die Bundes-Verfassungsgesetz-Novelle 1974, BGBl Nr. 444, zurückzuführen ist. Dabei wurde nämlich die vormals umfassende Zuständigkeit des Bundes auf Einrichtungen des Bundes beschränkt. Dies entsprach einem seinerzeitigen Wunsch der Länder, der darin bestand, für ihre eigenen und die Einrichtungen der Gemeinden – insbesondere die Landes- und Ortsmuseen – eigene Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenzen zu haben.

Eine gesetzliche Zugangsregelung zu den Archivalien der Länder besteht derzeit nur für Kärnten. In den übrigen Ländern ist der Zugang durch Statuten und Benützungsordnungen geregelt, wobei grundsätzlich eine 50jährige gleitende Archivsperre mit bestimmten Ausnahmen vorherrscht.

Abschließend sei noch darauf verwiesen, daß in der Ausschußdebatte des Nationalrates Abänderungsanträge zur Regierungsvorlage angenommen wurden, mit denen Erweiterungen im Gesetz vorgenommen, aber auch Klarstellungen erzielt werden konnten. Inhaltlich wurde dabei einerseits die ausdrückliche Möglichkeit der Übertragung des Archivguts der Kammern an die Landesarchive normiert. Andererseits soll entgegen der im § 5 Abs. 7 der Regierungsvorlage vorgesehenen Skartierung von nicht archivwürdigem Schriftgut, das bei Bundesdienststellen in den Ländern anfällt, ausdrücklich ein Anbot zur Möglichkeit der Archivierung an die Länder erfolgen.

Weiters wurde die Verpflichtung zur wissenschaftlichen Bearbeitung des Archivgutes im Rahmen der vorhandenen Ressourcen für das Österreichische Staatsarchiv aufgenommen. Schließlich hat der Verfassungsausschuß des Nationalrates auch die Feststellung getroffen, davon auszugehen, daß Bestände im Bereich des Bundesministeriums für Justiz, die für den Rechtsgüterschutz unentbehrlich sind, wie Grundbücher oder Verlassenschaftsakten, vorrangig den Landesarchiven anzubieten sind.

Insgesamt handelt es sich also bei dieser Neuregelung über das Bundesarchivgesetz um eine Anpassung an internationale Standards. Während bisher bestimmtes Archivgut lediglich dem Schutz des Denkmalschutzgesetzes unterlag, so ist mit dem zu beschließenden Gesetz erstmals auch der Zugang für den einzelnen geregelt. Im übrigen wird dadurch eine zweifache Funktion geschaffen: einerseits der Schutz des Archivgutes, andererseits der Zugang zum Archivgut.

In diesem Sinn darf ich feststellen, daß meine Fraktion dieser Vorlage die Zustimmung erteilen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

16.47

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein. Ich erteile es ihm.

16.47

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich erlaube mir, zu diesem Gesetz ein paar kurze Bemerkungen zu machen. Das Archivgesetz hat stets Aktualitäten. Auf der einen Seite steigt gerade heute in ganz Europa das Geschichtsbewußtsein; die österreichische zentraleuropäische Geschichte ist heute sicher aktueller denn je. Wir müssen aber auch die eigenen Identität erkennen, denn Vergangenheit ist nicht zwangsläufig nur Vergangenheit, sie ist oft auch Gegenwart und in vielem manchmal Zukunft.

Natürlich brauchen wir eine Anpassung an die europäischen Standards zur Bewahrung, Erhaltung und Nutzung der Archive. Da Österreich ein föderalistischer Staat ist, kann man natürlich nicht alles bundesweit erfassen, sondern muß auch die Regionen, die Länder, stets beachten – gerade da auch die nationalen Grenzen im EU-Raum fallen und, wie ich hoffe, darüber hinaus in baldiger Zukunft auch europaweit alle fallen werden.


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