Bundesrat Stenographisches Protokoll 658. Sitzung / Seite 24

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nationalstaatlichen Aufgaben, wie sie im 19. Jahrhundert definiert wurden, auf überregionale Vertragsbündnisse oder Staatenbündnisse übergehen und dass diesen Bündnisverbänden eine Dynamik der Verdichtung innewohnt, wie wir es in der Europäischen Union, aber etwa auch in der Welthandelsorganisation mit großer Deutlichkeit bemerken.

Wir sollten daher diese Diskussion über die Konsequenzen, die die österreichische bundesstaatliche Republik aus diesen internationalen und nationalen Entwicklungen ziehen soll, mit offenen Karten führen, nicht aus Prestige-Denken heraus und – ich sage auch sehr ehrlich – ohne Untergriffe. Es tut mir weh – ich sage das sehr offen –, mir als jemand, der in diesem Haus mit, um es einmal so zu formulieren, begrenzter Begeisterung der Aufhebung des Homogenisierungsgebotes in den Landes-Dienstrechten zugestimmt hat, von Herrn Hirschmann ausrichten zu lassen, dass es der Bund war, der die Länder in eine solche Diversifizierung der Landes-Dienstrechte getrieben hat und dass es sich dabei um eine völlig unverständliche und besonders bedauerliche Entwicklung handelt. – Sehen Sie, das ist das, was ich mit Untergriffen meine!

Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es ein konstruktiver Beitrag zur Debatte ist, zu sagen: Wir sind zwar sehr für den Föderalismus, aber wir schaffen zur Abwechslung einmal nicht den Bundesrat, sondern die Landtage ab, und wir alle dürfen uns dann das Kapperl "General-Landtag" aufsetzen. Ich weiß nicht, vielleicht haben wir dann ein Sammelkonto, auf das die Länder einzahlen. – Es kann so nicht ernsthaft debattiert werden.

Die wirkliche Debatte ist erst zu eröffnen. Es ist der Landeshauptleutekonferenz, es ist allen Politikern der Länder dafür zu danken, dass in einer Phase der Regierungsbildung – wobei etwa die Adressaten dieser von mir so nicht geteilten Aufforderung der Landtagspräsidenten im Augenblick noch völlig unklar sind, weshalb nichts dazu zu sagen ist – ein neuer Diskussionsanstoß gegeben wird. Dieser Diskussionsanstoß ist aufzugreifen, aber er ist aufzugreifen in der Bereitschaft, das Bauwerk dieser Republik neu, gemeinsam, sachgerecht und vor allem die Interessen der Bürger im Auge habend zu errichten.

Sie gestatten mir eine letzte Bemerkung, die ein bisschen scherzhaft maskiert, aber bitter ernst ist. Ich glaube, wir sollten die Geschäftsordnung des Bundesrates dahin gehend ändern, dass das Vokabel "Aufwertung" den sofortigen Entzug des Wortes zur Folge hat. (Heiterkeit.) Eine Kammer, die pausenlos darüber diskutiert, wie sie sich aufwertet oder wie andere sie aufwerten, tut ein Einziges: Sie wertet sich ab. Ich glaube, wie andere menschliche Betätigungen auch ist diese Aufwertung des Bundesrates etwas, was man nicht sagen, sondern tun sollte. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

11.24

Präsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Ilse Giesinger das Wort. – Bitte.

11.24

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sehr geehrte Frau Ministerin Gehrer! Sehr geehrte Besucher! Ich freue mich sehr, dass gerade heute, am Tag der Angelobung der Vorarlberger Bundesräte, unser Landeshauptmann sowie Frau Bundesministerin Gehrer anwesend sind. Wir haben heute auch die erste Sitzung nach der Renovierung des Bundesrats-Plenarsaales. Ist es Zufall oder Symbol, dass heute das Wort von Landeshauptmann Dr. Sausgruber und die Wünsche der Länder an den Bund durch den Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz an vorderster Stelle der Tagesordnung stehen?

Ich bin davon überzeugt, dass dies kein Zufall ist, sondern ein Symbol dafür ist, dass wir als Bundesräte – so, wie es auch in der Verfassung verankert ist – die Vertreter der Länder auf Bundesebene sind. Das bedeutet in letzter Konsequenz, dass Länderinteressen vor Bundesinteressen gestellt werden und wir als Bundesräte auch danach handeln müssen. Allerdings ist dazu ein gegenseitiger Meinungsaustausch und ein enger Kontakt zwischen den Landeshauptleuten, den Landtagen und den Bundesräten Voraussetzung.


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