Bundesrat Stenographisches Protokoll 658. Sitzung / Seite 48

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13.29

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Vor uns liegt ein umfangreicher Außenpolitischer Bericht über das Jahr 1998. Er bietet viel Inhaltliches, die Aufzählung von Ereignissen, Daten und natürlich auch viele statistische Einzelheiten. Ich bin davon überzeugt, dass die Autoren in der Lage wären, einen doppelt so starken inhaltlichen Bericht zu erstellen. Es geht aber immer um die Frage, was im Bericht enthalten ist, und unter diesem Aspekt meine ich, dass es das gute Mittelmaß ist, welches diesen Bericht zu einem erfolgreichen Bericht macht.

Bevor ich auf das, was ich sagen will, eingehe, möchte ich ein paar Worte zu Bundesrat d'Aron betreffend Beneš-Dekrete sagen, die ich eigentlich nicht mehr erwähnen wollte: Es ist nicht richtig, wenn Sie Herrn Bundesrat Konecny unterstellen, dass Unrechtsgehalte einer Rechtsordnung anerkannt würden! – Sie werden nicht anerkannt! Wenn Sie es ganz einfach von mir hören wollen: Die Beneš-Dekrete gehören weg! Wir stimmen diesen nicht zu, sie sollen schleunigst verschwinden! (Beifall bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Was Herr Bundesrat Konecny in den Vordergrund stellen wollte – ich meine, er hat das sehr ernst genommen –, ist, dass man aus der Kette gegenseitigen Unrechts herauskommen muss. Ich vergleiche das mit der Blutrache: Wenn immer nur der Letzte verurteilt wird, dann wird man dieses System, dem wir alle wahrscheinlich nicht zustimmen können, nicht beenden. Vielmehr muss es eine grundsätzliche Haltungsänderung auf allen Seiten geben, um auch die letzte unrechtmäßige Tatsache zu beseitigen. So hat Konecny das meiner Meinung nach gemeint.

Auch ich bekenne mich zu einer Außenpolitik, die mit allen diplomatischen vernünftigen, von inhaltlichem Geist getragenen Mitteln versucht, begangenes Unrecht der Vergangenheit aus der Welt zu schaffen. Ich glaube, diesen Weg muss Österreich gehen, ohne dass wir letzten Endes nachgeben und sagen: Leider haben wir nichts geschafft! Aber das tun wir ja nicht. – Das noch einmal dazu.

Ich möchte noch eine zweite Anmerkung zu den einander gegenüberstehenden Begriffen "Eigennutz" und "Solidarität" machen. Meine Damen und Herren! Wir selbst sind als Personen auch hie und da egoistisch, und jeder sucht das Beste herauszuholen. Das tun auch Staatengemeinschaften und andere Gruppierungen. Das gibt es überall auf der Welt und natürlich auch in der EU. Das soll aber nicht heißen, dass dem Begriff "Solidarität", den ich jetzt nicht weiter definieren und ausführen will, nicht auch Beachtung geschenkt werden soll und man versuchen soll, andere Leute zu einer Solidarität, die man auch selbst mitzutragen bereit ist, zu bewegen und zu überzeugen. Ich glaube, das hat Konecny gemeint. Man kann nicht nach Brüssel fahren – ich nehme Brüssel stellvertretend für die EU –, um immer nur alles für sich allein herauszuholen. Denn wenn das jeder in einer extremen Form tut, dann haben wir miteinander überhaupt keine Zukunftsaussichten. – Ich glaube, so hat Konecny das gemeint. (Bundesrat Dr. d'Aron: Konecny hat es aber etwas anders gesagt!)

Ich möchte ein paar Worte zum Thema Europa sagen, denn die Europäische Union und der Europarat nehmen etwa ein Drittel des Berichtes ein.

Im zweiten Halbjahr 1998 – das wurde schon ausgeführt – hatte Österreich die EU-Präsidentschaft inne. Es war dies die erste Präsidentschaft eines der jüngst beigetretenen Mitgliedstaaten, das muss man auch sagen. Ich glaube, eine solche Präsidentschaft ist für alle, die daran mitwirken, und für den Staat insgesamt eine ganz gewaltige Aufgabe, und Österreich hat diese EU-Präsidentschaft gut bewältigt.

Man sieht nach außen hin immer nur die einzelnen größeren Sitzungstermine, wo immer sie nun stattfinden. Eine solche Präsidentschaft erfordert jedoch umfangreiche organisatorische und inhaltliche Vorbereitungsmaßnahmen, viele Vorsprachen, Absprachen, Kommunikation mit den Partnerländern und das Einbringen von Vorschlägen. Denn es verhält sich nicht so, dass bei einer großen Sitzung erstmalig entsprechende Themen behandelt und erfolgreich Beschlüsse gefasst werden, sondern das bedarf vieler Vorbereitungen. In Anbetracht dessen meine ich,


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