Bundesrat Stenographisches Protokoll 660. Sitzung / Seite 38

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Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit jedes Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Albrecht Konecny das Wort. – Bitte.

15.58

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Staatssekretärin! Wir sind offensichtlich tatsächlich in eine neue Ära eingetreten. Anfragen brauchen nämlich nicht mehr beantwortet zu werden. Es genügt, wenn man ein bisschen etwas zum Thema sagt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich nehme zur Kenntnis, dass es das Charakteristikum eines neuen Stils ist, es zu vermeiden, auf irgendein Detail einzugehen, bei dem man Gefahr laufen würde, falsifiziert zu werden, und sich darauf beschränkt, sehr verklausuliert folgenden Tatbestand einzuräumen.

Ihre Freunde, die Freunde des Herrn Dr. Schüssel, haben seit Monaten gewarnt, dass eine blau-schwarze Koalition in Österreich international nicht folgenlos bleiben würde. Sie haben das diplomatischerweise nicht öffentlich und nicht laut getan, sondern sie haben mit Ihnen und dem Herrn Außenminister intensivst gesprochen. Sie haben Mandatare im Europaparlament und, ich nehme an, den einen oder anderen von Ihnen, die hier im Saal sind und jetzt brav applaudiert haben, beschworen.

Der Herr Außenminister hat sich in seiner Eigenschaft als Parteivorsitzender dafür entschlossen, das zu ignorieren. Ein anderes Ziel war ihm in der Abwägung seiner Interessen offensichtlich wichtiger. Die Interessen unseres Landes hat er bei dieser Interessenabwägung leider vergessen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist nicht das, was ich mir von einem amtierenden Außenminister erwarte. Das ist auch nicht das, was ich mir von einem Staatsmann erwarte, der sich anschickt, Regierungsverantwortung, nämlich die Regierungsverantwortung in Österreich zu übernehmen – auch wenn ich zugebe, dass dieses von mir gewählte Wort ein wenig überzogen ist, denn in Wirklichkeit hat sich Herr Dr. Schüssel dafür entschieden, unter Jörg Haider Bundeskanzler zu werden. Ich wünsche ihm für diese Aufgabenstellung im Rahmen des Möglichen viel Erfolg. (Beifall bei der SPÖ.)

Gerade diese letzten Tage haben auf geradezu prophetische Weise gezeigt und bewiesen, mit welchem Klotz am Bein diese Regierung behaftet ist. Da hatte also tatsächlich die internationale Staatengemeinschaft, die monatelang vertraulich und persönlich gewarnt hatte, die "Frechheit", das, was sie angekündigt hatte, auch tatsächlich zu tun. Dann gibt es in der österreichischen Innenpolitik noch jenen, der zwar die Verantwortung scheut, die Rolle des "Outlinien-Hineinschreiers" aber sehr gut beherrscht. Dieser zieht nun in einem Stil, zu dem der Herr Bundespräsident Ausreichendes gesagt hat, über die belgische Regierung und den französischen Präsidenten her.

Es ist zugegebenermaßen kein Vergnügen: Ich beneide weder Sie, Frau Staatssekretärin, noch den Herrn Außenminister, und ich beneide wahrlich nicht jene Damen und Herren des Ressorts, die in diesen "Betonpatscherln" Außenpolitik machen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber wenn man schon in der ersten Minute einer Koalitionsregierung daran erinnert wird, wie sterblich man ist, weil der Herr aus Kärnten mit seiner ersten Wortmeldung Herrn Schüssel sein "Moriturus! Moriturus!" ins Ohr flüstert, sich dann aber trotzdem entscheidet, an dieser Regierungskonzeption festzuhalten, dann ist das etwas, was weit über die persönliche Verantwortung, die ein Mensch zu tragen in der Lage ist, hinausgeht.

Herr Dr. Schüssel mag die Zukunft seiner Partei und seine persönliche Zukunft in jeder ihm beliebenden Art aufs Spiel setzen. Beides ist ihm anvertraut! Das Schicksal unseres Landes ist ihm jedoch nicht in dieser Art und Weise anvertraut, dass er es als spielerischen Einsatz bei einem höchst riskanten Spiel verwenden darf.


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