Bundesrat Stenographisches Protokoll 664. Sitzung / Seite 65

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bilde ich Hausfrauen und Mütter zu sozialen Pflegediensten aus! – Dabei sollte ich mir doch etwas denken! (Bundesrat Marizzi: Eine Katastrophe!) Ich sehe da einen katastrophalen Zusammenhang.

Aber irgendjemand muss schließlich für die Sozialarbeit zuständig sein, und offensichtlich ist das die Intention Ihrer Politik, die darauf abzielt, die Gesellschaft Ihrem Familienbild näher zu bringen.

Ich möchte ganz deutlich sagen: Jeder, der heute dieser Novellierung zustimmt, unterstützt die Demontage einer sehr wertvollen Einrichtung für Österreich. Der Zivildienst zum Beispiel in Gedenkstätten der Opfer des Faschismus – wir haben in der letzten Zeit wieder sehr eindrucksvolle und bewegende Bilder und Reportagen gesehen und auch sehr eindrucksvolle Gedenkveranstaltungen abgehalten – hätte auch ein Beitrag zur Glaubwürdigkeit der Umsetzung der Regierungspräambel sein können. Diese Chance haben Sie leider vergeben.

Ich darf nur noch die Aussage eines Zivildieners zitieren. Er sagt: Können Sie von 43 S pro Tag satt werden? – Ich muss. Mein Einkommen soll um 48,45 Prozent gekürzt werden. Ihres auch? – Das sind die Taten (Bundesrat Marizzi: Das ist eine Schande!), an denen wir Sie messen werden. – Hump, ich habe gesprochen! (Beifall bei der SPÖ.)

13.43

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Der von den Bundesräten Professor Konecny und Genossen eingebrachte Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates Einspruch zu erheben, samt der gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates beigegebenen Begründung ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ich habe einen Gast vorzustellen, über den auch Sie sich freuen werden, Herr Bundesminister! Ich freue mich, Ihnen jenen Mann vorstellen zu dürfen, der als Erster in Mauthausen in das Lager gekommen ist und dort die Geschundenen mit der amerikanischen Armee befreit hat. Begrüßen Sie mit mir Herrn Fred Till. (Allgemeiner Beifall. – Die Bundesräte der SPÖ erheben sich von ihren Plätzen.)

Gestatten Sie mir, einige Worte an Herrn Till ganz persönlich zu richten:

Herr Till! Wir sind froh, Sie hier zu haben, und wir hoffen, dass Sie, wenn Sie wieder zu Hause sind, Ihren Landsleuten sagen werden, dass die Österreicher aus der Geschichte gelernt haben und der Menschenwürde und der Demokratie zutiefst verbunden sind. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

Herr Till hat gebeten, auch einige Worte sagen zu dürfen. Ich hoffe, Sie gestatten das. Ich glaube, die Besonderheit der Situation macht das möglich. – Ich werde versuchen, obwohl ich keine geprüfte Dolmetscherin bin, zu übersetzen.

Fred Till (Übersetzung der englischen Ausführungen): Ich kam vor 55 Jahren das erste Mal nach Österreich. Diesmal ist es anders. Diesmal hat niemand auf mich geschossen – noch nicht. (Heiterkeit und allgemeiner Beifall.)

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir setzen nach dieser unvorhergesehenen Unterbrechung – ich hoffe, es hat niemanden von Ihnen gestört – fort und führen die Debatte weiter.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hagen. – Bitte.

13.48

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kollegen! Unsere armen Zivildiener müssen verhungern, weil ihr Essensgeld von derzeit 155 S auf 43 S herabgesetzt wurde! – Das ist der Tenor der linken Parteien Österreichs in den letzten Tagen. – Völlig zu Unrecht, denn mir ist nicht bekannt, dass in den letzten Jahren ein Grundwehrdiener verhungert wäre, obwohl diese auch nur 43 S Essensgeld bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Nein, im


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