Bundesrat Stenographisches Protokoll 667. Sitzung / Seite 110

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Bürgern zu erfüllen haben, darf in dieser Republik nicht ausgehöhlt werden – sie darf es um der Menschen willen nicht, und sie darf es um der föderalistischen Bedürfniserfüllung gegenüber den Bürgern willen nicht werden.

Das ist das politische Ziel, für das wir eintreten, und das ist das politische Erkenntnisinteresse, Herr Staatssekretär, das wir mit dieser Anfrage verbinden.

Ich hoffe – ich sage das ohne Zynismus –, dass wir aus Ihren Worten heraushören können, dass es den Willen zu einem ernsthaft paktierten Finanzausgleich gibt. Aber es ist auch klar, dass es, wenn dieser Wille nicht in deutlichem Maße erkennbar wird, schwerwiegende politische Konsequenzen vor allem für die Länder und auch für das Verhalten der Opposition hätte. Es liegt an Ihnen, Herr Staatssekretär, selbstverständlich in Akkordierung mit dem Herrn Finanzminister – wie ich doch unterstellen darf –, klarzustellen, was Sie tatsächlich vorhaben, um den Rauchvorhang, der in den letzten zehn Tagen ein bisschen über die politische Landschaft heruntergelassen wurde, möglichst rasch wieder zu beseitigen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.08

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Herr Staatssekretär Dr. Alfred Finz zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

16.08

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Die Bundesregierung hat vor einer Woche im Ministerrat ein Budgetprogramm für die Jahre 2001 bis 2003 beschlossen. Dieses Budgetprogramm beinhaltet eine wesentliche Änderung des Budgetpfades zur Konsolidierung.

Der neue, beschleunigte Konsolidierungspfad beinhaltet die Absicht, im nächsten Jahr, im Jahr 2001, ein gesamtstaatliches Defizit – das ist wichtig: ein gesamtstaatliches Defizit, denn gegenüber Europa und gegenüber der Welt gibt es immer nur einen Gesamtstaat und nicht einen Bundesstaat und neun Gliedstaaten –, ein gesamtstaatliches Defizit von 1,3 Prozent des Bruttosozialproduktes und für das Jahr 2002 und für das Jahr 2003 jeweils ein gesamtstaatliches Defizit von 0,0 zu erreichen.

Wir haben damit gegenüber dem ursprünglichen Konsolidierungspfad eine wesentliche Beschleunigung vor. Wieso ist es zu dieser Beschleunigung gekommen? Welche Umstände waren hiefür maßgebend?

Da gibt es einmal den wichtigen Umstand, dass wir eine hervorragende wirtschaftliche Lage wie nie zuvor in ganz Europa und speziell in Österreich haben. Bei einer guten wirtschaftlichen Lage besteht immer die Gefahr, dass sie nicht von Dauer ist, dass sie nicht ewig hält. Es gilt jetzt, diese gute wirtschaftliche Lage, diesen einmaligen Augenblick aus unserer Sicht, für eine rasche, nachhaltige Budgetkonsolidierung zu nutzen.

Darüber hinaus haben natürlich die Partner in Europa auf eine Budgetkonsolidierung gedrängt, sie selbst haben ihre Stabilisierungsprogramme beschleunigt; das hat dazu geführt, dass Österreich zum Schlusslicht geworden ist, und zwar insofern, als es im Vergleich der EU-Länder beim jährlichen Budgetdefizit die letzte Position einnimmt, und dass es bei der Gesamtverschuldung die viertschlechteste Position innehat.

Jetzt kann man natürlich sagen: Was soll’s? – Dann sind eben die anderen schneller und wir langsamer. – Das ist aber ein gewaltiger Unterschied. Finnland hat bereits einen Überschuss von 2,5 Prozent, wird im nächsten Jahr auf 3,5 Prozent erhöhen und will die Hälfte dieses Überschusses direkt in die Forschung und Entwicklung leiten. Was bedeutet das in Wirklichkeit? – Das bedeutet nicht nur einen beschleunigten Defizitabbau, sondern dass im Gegensatz zu Österreich, wo nach dem vorherigen Programm noch immer an der Schuldentilgung gearbeitet worden wäre, in Finnland bereits in die neue Bildungsgesellschaft investiert wird, wodurch bei einem internationalen Wirtschaftswettbewerb, der in Europa und in der ganzen Welt laufend stattfindet, eine wesentlich bessere Ausgangsposition gegeben ist.


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