Bundesrat Stenographisches Protokoll 667. Sitzung / Seite 196

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Mir waren auch die Lehrlinge im Stadtgebiet Graz zugeordnet, und ich habe es mit großer Besorgnis betrachtet. Einmal bin ich hergegangen und habe mir den Sockel der nicht mehr vermittelbaren Lehrlinge angesehen. Das sind Jugendliche, die sich in einer schwierigsten Lebensphase, nämlich in der Pubertät, befinden. Sie sind im Elternhaus nicht mehr motivierbar gewesen, einen richtigen Schulabschluss zu machen. Sie haben teilweise entweder versäumte Unterrichtsstunden, oder sie haben mehrheitlich negative Beurteilungen im Zeugnis oder gar keinen Schulabschluss. Das heißt, diese Jugendlichen sind nicht vermittelbar. Das ist der große, der breite nicht mehr vermittelbare Bereich der Lehrlinge.

Genau da setzt die Vorlehre an. Es geht darum, dass diese Jugendlichen in Zukunft endlich einen Weg in eine Lehre finden. Allen Unternehmern gilt wirklich großer Dank dafür, dass sie sich dazu bereit erklären. Denn das sind teilweise schwierige Jugendliche in einer schwierigen, pubertären Phase, mit nichts als Frust in den letzten Monaten und vielleicht Jahren. Diese Jugendlichen muss man aus dieser Frustration wieder herausholen, ihnen wieder Lebensperspektiven und Motivation geben. Das ist Aufgabe des Lehrherrn zusammen mit dem Elternhaus, und das ist nicht einfach! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wer hier von Ausbeutung oder von Profitdenken spricht, hat nicht verstanden, dass es um die Zukunft von Jugendlichen geht, die bereits in ihrer jungen Laufbahn benachteiligt sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber erlauben Sie mir auch ein Wort zur Verlängerung der Probephase, der Probezeit und zur Beschäftigung der Lehrlinge in der Gastronomie bis 23 Uhr. Das ist – Herr Ledolter hat es schon erwähnt – eine Anpassung an moderne Bedürfnisse. Ich weiß aus meiner Tätigkeit auch, dass es im Hinblick auf den Nachwuchs an Fachkräften in Hotellerie und Gastronomie in nächster Zeit dramatisch werden wird. Wenn wir nicht darauf achten, dass wieder mehr Lehrlinge ausgebildet werden, werden wir einen effektiven Fachkräftemangel für Service und Küche haben, und dann werden wir Probleme haben.

Das ist jetzt ein Schritt, um auch einen Anreiz für die Lehrherren zu schaffen, in Zukunft wieder Lehrlinge auszubilden. Denn man kann von einem Lehrherrn nicht verlangen, dass er in zwei Monaten einen Lehrling kennt. Drei Monate sind gerecht fürs Elternhaus, für den Lehrling und für den Lehrherrn, damit man sich besser kennen lernt.

Eine Arbeitszeit für Lehrlinge bis 23 Uhr bei insgesamt gleich bleibender Arbeitszeit und auch bei eingehaltenen Ruhensphasen muss legitim sein, wenn man weiß, dass ein großer Teil des Hauptgeschäftes auch am Abend stattfindet. Das ist ein Faktum. Auch der Lehrling weiß, wenn er den Beruf ergreift, was ihn in Zukunft erwartet. Denn sonst müssten wir mit Sonntagsbeschäftigung und so weiter aufhören; dann sperren wir in Zukunft überhaupt zu! Dann können wir aber auch den österreichischen Tourismus zusperren.

Das ist, so glaube ich, der richtige Weg, damit Facharbeiter im Tourismus auch in Zukunft in Österreich ausgebildet werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.) Ich glaube, es beweist – da geht es sicherlich Ihnen allen gleich, wo immer man auf der Welt hinkommt –, wir haben es international mit ausgezeichneten österreichischen Kräften zu tun, mit Kräften, die in Österreich ausgebildet wurden, auf allen Ebenen! Das ist auch die Zukunft, um weiterhin Fachkräfte in Österreich auszubilden. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.35

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Ilse Giesinger. Ich erteile dieses.

22.35

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Ich wehre mich mit aller Entschiedenheit dagegen, dass man sagt – wie vorhin die drei Gewerkschafter zu diesem Tagesordnungspunkt behauptet haben –: Die Unternehmer sind Ausbeuter, die Unternehmer bilden die Lehrlinge nicht aus. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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