Bundesrat Stenographisches Protokoll 670. Sitzung / Seite 143

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Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Anna Höllerer. Ich erteile ihr dieses.

18.51

Bundesrätin Anna Höllerer (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem mein Thema heute auch die gemeinsame Obsorge, das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz ist und jetzt schon ziemlich alles gesagt ist, kann ich mich verhältnismäßig kurz halten. Ich möchte aber doch noch einige Punkte ganz besonders herausstreichen.

Ich habe gerade vorhin in einem Nachrichtenmagazin heutigen Datums gelesen, dass ein neuer Trend festgestellt wird und dass sich die Hälfte der Paare, ohne dass es gesetzmäßig festgeschrieben wäre, bereits für eine gemeinsame Obsorge ihrer Kinder nach einer Scheidung entschließt. Es ist also zunehmend so, dass man dieses Scheidungsleid, das auf die Kinder zukommt, im Falle einer Trennung vermeiden will, weil man sich bewusst ist, dass die psychische Belastung ganz gewaltig ist. Nachdem die Hauptleidtragenden in solch einem Trennungsfall der Eltern immer die Kinder sind, die kein Sprachrohr haben, die keine Lobby haben, ist es ganz besonders hervorzustreichen, dass in diesem Gesetz das Wohl und das Recht des Kindes in den Mittelpunkt gerückt werden.

Ich habe auch einer Studie entnommen, dass nach einer Scheidung der Eltern lediglich 18 Prozent der Scheidungskinder – nach dem jetzigen Rechtsverhältnis – keine psychischen Folgeschäden davontragen, dass aber immerhin 38 Prozent geringfügig, 37 Prozent mittelgradig und doch 7 Prozent hochgradig psychisch belastet sind.

Ich möchte nur noch festhalten, dass mit dieser gemeinsamen Obsorge eine Chance, eine Möglichkeit gegeben wird, dass auch nach der Trennung die Eltern für das Kind gemeinsam Verantwortung tragen können. Das ist ein Angebot, das gemacht wird, das nicht genutzt werden muss, das man aber sehr wohl annehmen kann zum Wohl des Kindes. Durch diese neue Regelung besteht (Bundesrätin Kainz: Es muss genutzt werden!) – so hören Sie mir doch zu! – kein Zwang zu einer gemeinsamen Obsorge, denn jeder Elternteil kann ohne Angabe von Gründen eine Aufhebung (Bundesrätin Kainz: Sie können es nur mit einem Verfahren außer Kraft setzen!) dieser gemeinsamen Obsorge bei Gericht beantragen. Selbstverständlich gibt es dann noch die Möglichkeit der modernen Form der Mediation, dass man also eine gütliche Regelung erreichen will, aber es entscheidet dann der Richter, wie es für das Kindeswohl am besten weitergeht.

Ich bin auch – da muss ich schon ein bisschen auf meine Vorrednerin eingehen – ganz besonders enttäuscht von diesem verzerrten Frauenbild, das von meiner Vorrednerin, Frau Bundesrätin Kainz, dargestellt wird. Ich denke, dass unsere modernen jungen Frauen sehr wohl genau wissen, was auf sie zukommt. Da muss ich Sie schon fragen, meine Damen und Herren der SPÖ-Fraktion: Haben Sie Halbe-Halbe vergessen? (Bundesrätin Kainz: Da frage ich mich, wozu wir Frauenhäuser brauchen und alle Tage ein Gewaltdelikt in der Zeitung steht!) Oder war das nur ein Schlagwort, das einfach so hingesagt wurde und heute nicht mehr gilt? – Jetzt ist man als Frau bemüht, den Vater der Kinder in die Familienarbeit, in die Kinderbetreuung und in die Kindererziehung mit einzubeziehen, und sobald es zu einem Scheidungsfall kommt, soll all das nichts mehr wert sein? (Zwischenruf der Bundesrätin Fuchs. )

Bedenken Sie doch, dass eine Vätergeneration, so wie sie sich heute darstellt, sehr wohl Verantwortung tragen will und auch kann. Ich sehe nicht ein – das ist auch im Sinne der Frauen –, dass man sie nach einer Scheidung einfach aus dieser Verantwortung herauslassen soll. (Bundesrätin Schicker: Weil wir unsere Söhne ganz anders erzogen haben! – Bundesrätin Fuchs: Nein eben nicht, weil die Frauen damit erpressbar werden!) – Dann können Sie also ohne weiteres diesem Gesetz zustimmen. Das ist doch für das Kind der beste Weg, den Sie gehen können. Es ist eine verantwortungsvolle Kindererziehung, wenn beide Elternteile auch nach einer Trennung mitwirken können.


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