Bundesrat Stenographisches Protokoll 672. Sitzung / Seite 162

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Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile Herrn Bundesminister Dr. Böhmdorfer das Wort. – Bitte.

20.29

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Herr Bundesrat Würschl hat erklärt, dass wir nicht den Konsens gesucht hätten. Das ist nicht richtig. Wir haben dieses Gesetz sehr lange verhandelt, wir haben außerhalb und innerhalb des Justizausschusses verhandelt, wir haben auch ein Expertenhearing gemacht – Sie haben von den Experten aber nur teilweise Zitate gebracht –, und wir haben letztlich eben auf Grund der Konsenssuche und auf Grund der ausführlichen Verhandlungen auch die ursprünglichen Vorschläge sehr stark geändert und reduziert.

Im Ergebnis haben wir nämlich nunmehr ein Heranwachsenden-Strafrecht. Wir nennen die davon Betroffenen "junge Erwachsene" und haben Regelungen im materiellen und im formellen Bereich eingeführt, die es ermöglichen, dass auf die besondere Situation dieser jungen Erwachsenen wirklich eingegangen werden kann. Ich nehme an, Sie wissen das, Herr Bundesrat, und aus diesem Grunde ist es nicht verständlich, dass Sie sagen, wir hätten keinen Konsens gesucht!

Sie sagen, dass das alte Jugendgerichtsgesetz beibehalten werden können hätte. – Das mag sein! Aber Sie haben nicht erwähnt, dass nunmehr eine Altersgruppe, nämlich die der 20- und 21-Jährigen bis zum 21. Geburtstag, ebenfalls die Privilegien hat, die auf die Jugend und die jungen Erwachsenen abgestimmt sind. Sie haben übersehen, dass nunmehr der herabgesetzte Strafrahmen, etwa der Umstand, dass keine lebenslange Strafhaft verhängt werden kann und so weiter, bis zum 21. Geburtstag gilt, was vorher nicht der Fall war. – Also auch dieses Argument ist nicht richtig, und ich muss es zurückweisen.

Sie haben gesagt, dass die Jugendrichter ihr Erfahrungswissen nicht mehr einbringen können. – Das stimmt nicht! Die Jugendrichter sind nunmehr für alle jungen Erwachsenen bis zum 21. Geburtstag, also für eine um zwei Lebensjahre erweiterte Personengruppe, zuständig. Es ist also nicht richtig zu sagen, dass die Jugendrichter ihr Erfahrungswissen nicht einbringen können.

Es ist dies ein gutes Gesetz geworden, und Sie hätten diesem Gesetz durchaus zustimmen können. Ich glaube, dass Sie die Zustimmung eher aus prinzipiellen Gründen verweigert haben. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.33

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein. – Bitte.

20.33

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, in diesem Zusammenhang ist schon etliches sehr Wesentliches gesagt worden. Ich werde mich deswegen auch relativ kurz halten können.

Wir müssen uns gerade in Bezug auf die Jugend für Recht, Sicherheit und ein ausgeprägtes Rechtsbewusstsein stark machen. Nur wer ohne Angst um sich, seine Familie und sein Eigentum leben kann, hat Vertrauen in den Rechtsstaat und die demokratische Gesellschaft. Wer Recht bricht und sich damit gegen die Wertordnung der Gesellschaft stellt, muss mit konsequenter Verfolgung und Bestrafung rechnen. Tendenzen, Verbrechen zu verharmlosen oder zu entkriminalisieren, muss man entschlossen entgegentreten.

Wer Ladendiebstahl und Vandalismus als Bagatelldelikte abtun will, verwässert das Rechtsbewusstsein und schwächt die Gewährleistung der Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit und Eigentum. Null Toleranz gegenüber Rechtsbrechern und Gewalttätern muss die Strategie sein. Das ist auch für die Jugend sehr wichtig, denn da geht es nicht nur um die Spezial


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