Bundesrat Stenographisches Protokoll 679. Sitzung / Seite 339

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geschehen, und eine dieser Auswirkungen ist, dass wir gemeinsam zu einer so genannten Patientencharta gekommen sind, die in Wirklichkeit nichts völlig Neues und Weltbewegendes ist, sondern eine logische Entwicklung aus den gesellschaftlichen Gegebenheiten darstellt. Es ist eine Zusammenfassung von bereits in der Vergangenheit bestandenen Rechten der Patienten, eine Zusammenfassung, die von den Ländern in Form einer Artikel-15a-Vereinbarung mit dem Bund abgeschlossen werden konnte und abgeschlossen werden kann. Zuletzt hat es das Bundesland Oberösterreich durchgeführt, und Niederösterreich hat ebenfalls im Juni des heurigen Jahres den entsprechenden Beschluss gefasst.

Ich kann es kurz machen. Diese Patientenrechte wurden in meinem Heimatbundesland Niederösterreich in Form einer Broschüre mit dem Titel "Die Patientenrechte in Niederösterreich" aufgearbeitet (der Redner zeigt die Broschüre), meines Erachtens sehr professionell aufgearbeitet, und ich darf einige kurze Beispiele daraus bringen.

Ein Recht des Patienten ist das Recht auf Selbstbestimmung. Eine Frage zum Beispiel, die häufig beim Patientenanwalt gestellt wird, ist: Kann ich gezwungen werden, im Krankenhaus zu bleiben, auch wenn ich es dort vielleicht nicht mehr aushalte? Oder: das Recht des Patienten auf Information. Auch dazu habe ich eine Frage herausgegriffen: Mein Arzt erklärt mir alles so kompliziert, dass ich Medizin studieren müsste, um ihn zu verstehen. Muss er mir denn nicht einfacher sagen, worum es bei mir geht, damit ich auch mitreden kann? Oder: das Recht des Patienten auf Würde und Integrität – das klingt sehr trocken. Fragen, die in diesem Zusammenhang gestellt werden, können so lauten: Ich wurde als Patient wie eine Nummer behandelt – darf ich erwarten, mit meinem Namen angesprochen zu werden? Oder – das klingt vielleicht auch sehr bekannt in Ihren Ohren –: Ich bin tagelang in einem Bett auf dem Gang gelegen und konnte ständig von allen beobachtet werden, die auf der Station ein- und ausgingen. Darf denn das überhaupt sein?

So könnte ich Ihnen noch eine Fülle von Fragen aus der Praxis vorlesen. Im Sinne der Zeitökonomie möchte ich aber zum Schluss kommen und erwähnen, dass ich das, was ich am Beginn meiner Ausführungen gesagt habe, nämlich dass die Sensibilität der Menschen dieses Thema betreffend in den letzten Jahren immer stärker angestiegen ist, jetzt auch mit Zahlenmaterial unterlegen kann. Im Land Niederösterreich waren es 1995 264 Anfragen an den Patientenanwalt, im heurigen Jahr werden es nach einer Hochrechnung etwa 600 sein. Das heißt im Schnitt zwei Anfragen von Patientinnen und Patienten an den Patientenanwalt pro Tag, die sich Sorgen um ihre Rechte machen beziehungsweise sich Informationen holen, wie sie zu ihrem Recht kommen.

Schluss-Satz: Hätten wir die Patientencharta nicht, müssten wir sie schnellstens erfinden! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

17.46

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Manfred Gruber das Wort. – Bitte.

17.46

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Minister! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich in einigen Bereichen meinem Vorredner anschließen: Wenn wir diese Patientenrechte nicht hätten, müssten wir sie beschließen!

Es sollte in einem Land wie Österreich kein Thema sein, dass Patientenrechte eine Selbstverständlichkeit sind. Es sollten das Recht auf Behandlung und Pflege, auf Achtung der Würde und Integrität, das Recht auf Selbstbestimmung, Information und Dokumentation, Sonderbestimmungen für Kinder und auch der Anspruch auf Schadenersatz keine Frage sein. Da gehe ich völlig konform mit Ihnen.

Was für mich ein Problem ist: dass man diese Rechte teilen muss. Es gibt das Recht, dass der Patient den Anspruch hat, vom Arzt und vom Pflegepersonal mit dem Namen angesprochen zu werden. Es gibt aber auch ein Recht auf ein Sterben in Würde, wo nahe stehende Personen dabei sein dürfen. Oder es gibt das Recht des Kindes, dass Begleitpersonen mit in das


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