Bundesrat Stenographisches Protokoll 681. Sitzung / Seite 52

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Zuletzt möchte ich noch eine Frage aufwerfen: Ich konnte den Unterlagen nicht wirklich entnehmen, ob auch alle Beitrittskandidaten zur EU diese Resolution unterschrieben haben. Es erscheint mir aber notwendig im Hinblick auf eine Partnerschaft in einer offenen demokratischen Gesellschaft, im Hinblick auf eine gemeinsame Europäische Union, dass unsere zukünftigen Mitgliedstaaten, aber auch die Staaten, mit denen wir einen starken Wirtschaftsverkehr haben, diese Formen der Menschenrechtsstatuierungen unterzeichnen müssen. Letztlich haben auch die Kopenhagener Dekrete Kriterien erstellt, die besagen, dass Beitrittskandidaten in den Europäischen Raum selbstverständlich Menschenrechte schützen müssen. Und ich verstehe den Schutz eines Kindes als ein sehr wichtiges und in höchstem Maße zu schützendes Menschenrecht.

Das konnte ich den Unterlagen nicht entnehmen, aber ich bin zuversichtlich, dass unsere Verhandler auf der EU-Ebene die entsprechenden Maßnahmen setzen werden, um auch zu veranlassen, dass nicht nur wir die Vorreiter in Richtung Menschenrechtsschutz sind, sondern auch unsere Partner oder unsere zukünftigen Freunde innerhalb einer großen Europäischen Union. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.52

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk. Ich erteile ihr das Wort.

12.53

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Beschluss, der in einigen Minuten fallen wird – einstimmig, so nehme ich, nach den wohlgesetzten Reden, die hier gehalten werden, an –, Kinderarbeit in den Dritte- und Vierte-Welt-Ländern, den Ländern der Armut zu verbieten, ist ein guter Beschluss.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem richtigen Beschluss aber muss verbunden sein die Beantwortung der Frage: Was trägt die Republik Österreich dazu bei, was trägt die reiche Welt dazu bei, dass die Eltern dieser Kinder überleben können? – Denn Kinderarbeit zu verbieten – in wohlgesetzten Worten und Beschlüssen – und gleichzeitig zu schweigen und zuzuschauen, wie Millionen von Kindern, Jugendlichen, aber auch Erwachsene verhungern, das ist Zynismus. Ich denke, Politik bedeutet, verantwortungsbewusst zu handeln, Verantwortung zu tragen und mehr zu tun, als Erschütterung und Mitleid aufkommen zu lassen. (Beifall bei der SPÖ.) Sie werden verstehen, dass ich der Meinung bin, dass unsere Zahlen, unsere Fakten, unsere Reden – auch meine eigene – über diese Menschen, die hungern, die frieren, deren Eltern und Großeltern in derselben Situation sind, eigentlich sehr kalt wirken.

Gestern wurde ein ungeheuer wichtiger – für die tägliche politische Arbeit auch in Österreich – Bericht in New York vorgestellt: der neueste UN-Weltbevölkerungsbericht. Dieser Bericht, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wurde sogar in der "Kronen Zeitung" erwähnt, und dafür möchte ich explizit diese Zeitung loben. Denn Schlagzeilen macht Armut, die brutale Armut dieser Welt nicht oft. Dieser Bericht ist eine ganz dramatische Dokumentation des rapiden Anstiegs der Armut in dieser Welt. Und die Armut in dieser Welt wird nicht von den Armen geschaffen, sondern von anderen, die die Macht und das Kapital haben.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Einstimmigkeit und Solidarität im Kampf gegen Kinderarbeit sind gut. Mir sind aber die Stimmen – bis auf eineinhalb Redner –, die sich dafür ausgesprochen haben, solidarisch zu sein, auch als kleines Österreich Vorreiter und Vorreiterin zu sein im Kampf gegen die Armut dieser Welt, auch in Österreich zu leisen; ich habe sie kaum gehört.

Ich kann Kinderarbeit und das Verbot von Kinderarbeit nur in dem Kontext folgender Frage sehen: Wie geht die Welt, wie geht die Republik Österreich mit einem wild gewordenen, ungeregelten Kapitalmarkt auf dieser Welt um? – Kinderarbeit und Arbeit haben mit den Kapitalmärkten und den Regelungen und Nicht-Regelungen direkt zu tun.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite