Bundesrat Stenographisches Protokoll 681. Sitzung / Seite 147

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Professor Dr. Böhm. – Bitte.

20.12

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrter Herr Volksanwalt! Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Wieder einmal liegt uns ein beeindruckender Bericht über die Tätigkeit der Volksanwaltschaft – diesmal aus dem Jahr 2000 – vor. Wie stets in den letzten Jahren ist er nicht nur in formeller Hinsicht äußerst professionell erstellt, sondern auch erneut inhaltlich von hohem Gewicht, und das nicht zuletzt in seinem kritischen Potenzial. Dafür ist sowohl den ausgeschiedenen Volksanwälten – Frau Ingrid Korosec, Frau Dr. Christa Krammer und Herrn Horst Schender – als auch den leitenden Beamten dieser verdienstvollen Einrichtung Dank und voller Respekt zu zollen. (Allgemeiner Beifall.)

Sind daher mit dem heute zu erörternden Bericht auch noch nicht die neuen Volksanwälte angesprochen, so darf ich dennoch in Bezug auf Sie betonen: Zum einem wünsche ich Ihnen ein zumindest ebenso erfolgreiches Wirken wie das Ihrer Vorgänger, und zum anderen bin ich voll davon überzeugt – und das sind keineswegs bloße Vorschusslorbeeren –, dass Sie so engagiert sind, dass Sie Ausmaß, Effizienz und Erfolg Ihrer Prüfungstätigkeit noch weiter werden steigern können. Die ersten Eindrücke von Ihrer Tätigkeit und Ihre Ankündigungen im Verfassungsausschuss überzeugen mich voll davon.

Vorweg halte ich fest, dass meine Fraktion seit jeher – das heißt auch schon in ihrer Rolle als Oppositionspartei, woran sich aber in der neuen Funktion als Regierungspartei natürlich nichts geändert hat – dieser zentralen Einrichtung der Verwaltungskontrolle hohe Bedeutung zugemessen hat. Wir sind daher stets für die Ausweitung der Beteiligungsrechte der Volksanwaltschaft am parlamentarischen Willensbildungsprozess eingetreten.

Ebenso sehr haben wir die seit längerem erhobene Forderung unterstützt, der Volksanwaltschaft auch nach Ausgliederungen und Privatisierungen von zuvor öffentlichen Ämtern, Stellen oder Unternehmen wenigstens dieselbe Prüfungskompetenz wie dem Rechnungshof zu belassen. Das müsste auch uns Parlamentarier und insbesondere uns Bundesratsmitglieder bewegen, weil es auch uns nur auf diese Weise, mittels einer uns verantwortlichen Prüfeinrichtung, Kontrollfunktion beließe.

Mit Sympathie hat meine Fraktion jederzeit auch zwei latente Ausweitungen der Aufgaben der Volksanwaltschaft, die diese sich in ihrer praktischen Arbeit errungen hat, aufgenommen. Zum einen haben sich die Volksanwälte im Bereiche der erwähnten ausgegliederten Einrichtungen auch über ihre derzeit defizitären gesetzlichen Prüfungskompetenzen hinaus einer De-facto-Kontrolle im Interesse beschwerter Bürger angenommen. Zum anderen haben sie zunehmend ihre Aufgabe nicht nur in der Behandlung individueller Beschwerdefälle gesehen, sondern auch Missstände und Regelungsdefizite von überindividueller Bedeutung – gerade auch aus ihrer Befassung mit praxisnahen Einzelfällen – erkannt und zum Anlass von rechtspolitischen Änderungsvorschlägen genommen.

Leider ist diesen Anregungen vom Gesetzgeber nur in geringfügigem Ausmaß entsprochen worden. Ich stehe nicht an, das auch hier und heute als Vertreter einer Regierungspartei einzuräumen, wie ich es eben an dieser Stelle als Mandatar der Opposition mehrfach kritisiert habe. Gewiss treffen die in diese Richtung aufgezeigten Gesetzesmängel die gegenwärtige Bundesregierung ohnehin erst zu einem geringen Teil. Dessen ungeachtet – und selbst, wenn es bereits voll zu Lasten der amtierenden Bundesregierung ginge – anerkenne ich vorbehaltlos das Bestreben der Volksanwaltschaft, nicht nur Missstände im Bereich der staatlichen Verwaltung kritisch festzuhalten, sondern auch dafür kausale Unzulänglichkeiten im Bereich der Legislative aufzuzeigen.

Einen zweifellos sensiblen Grenzbereich im Verhältnis der Staatsgewalten zueinander berühren wir mit der Frage, ob und inwieweit die Volksanwaltschaft auch Missbräuche und Fehlverhalten im Bereich der Rechtspflege – präziser: der Justiz, noch genauer: der Rechtsprechung –


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite