Bundesrat Stenographisches Protokoll 681. Sitzung / Seite 148

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

untersuchen und bewerten kann und darf. Unbestritten ist dabei, dass sich die Prüfungsbefugnis der Volksanwaltschaft auf die Justizverwaltung im engeren Sinne und auf diejenigen Teilbereiche der Gerichtsbarkeit erstreckt, die einer inneren Revision durch so genannte Visitatoren unterliegen.

Meine Damen und Herren! Sie werden verstehen, dass mir als einem im Hauptberuf tätigen Rechtslehrer des zivilgerichtlichen Verfahrens insbesondere die zahllosen Beschwerden rechtssuchender Bürger auf dem Gebiet der Rechtspflege auffallen, ja mich geradezu betroffen machen. Ob die Volksanwaltschaft für diese Beschwerden im eigentlichen Sinne zuständig ist oder nicht, ist nicht mein primäres Problem. Schlimm genug finde ich es, dass sowohl die in zahlreichen Fällen überlange Verfahrensdauer als auch die fragwürdige – ich will nicht sagen: die Menschenwürde manchmal verletzende – Art der Behandlung von Parteien durch manche Richter den Anlass für Beschwerden an die Volksanwaltschaft bilden. Was die Verfahrensdauer betrifft: Vier Jahre oder noch länger darf wohl ein Verlassenschaftsverfahren gewiss nicht dauern.

Lassen Sie mich zuletzt noch zu einem Sonderthema kommen. Ich kann nicht verstehen, dass es der Rechts- und Legislativdienst des Parlaments für unzulässig erklärt, einen Sonderbericht der Volksanwaltschaft im Bundesrat zu behandeln. Nach herrschender Meinung repräsentativer Verfassungsrechtslehrer ist eine solcher Bericht ein Teilbereich der Verpflichtung zur Erstattung eines jährlichen Gesamtberichts über die Tätigkeit. Obligatorisch ist zweifellos nur ein Gesamtbericht für das betreffende Jahr, zulässig sind aber gewiss auch bloße Teilberichte über generelle oder bloß individuelle Vorkommnisse. Wenn wir von Seiten der Volksanwaltschaft einen Sonderbericht zu einem bestimmten, sozial relevanten Thema erhalten haben, billige ich es nicht, dass wir ihn nicht einmal behandeln dürften.

Da ich diese – wenngleich im Hohen Haus offenbar herrschende – Auffassung keineswegs teile, gehe ich kurz, mit einem Satz, auf diesen Sonderbericht ein. Die Kritik an der regional höchst unterschiedlichen und zudem noch inhaltlich äußerst unzureichenden Regelung des Zugangs zur Sozialhilfe teile ich voll.

All das – besser: gerade das – hindert indes meine Fraktion nicht daran, den Bericht beziehungsweise die Berichte der Volksanwaltschaft mit voller Zustimmung zur Kenntnis zu nehmen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.18

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Lindinger. – Bitte.

20.19

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger (Freiheitliche, Niederösterreich): Frau Vizepräsidentin! Frau Volksanwältin! Herr Volksanwalt! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich hier zu einem Bericht der Volksanwaltschaft spreche, dann erinnere ich mich daran, dass ich schon sehr viel zu Qualitätsmanagement und Qualitätskontrolle gesprochen habe. Letztlich sehe ich irgendwie eine Parallelität dazu. Denn ob ich industrielle Artikel erzeuge und den Erzeugungsmechanismus überwache im Hinblick darauf, ob alles in Ordnung ist und ob auch wirklich ein Produkt herauskommt, das dann allgemeine Akzeptanz findet, oder ob ich staatliche Institutionen oder die Verwaltung überwache, ist im Grunde genommen gleichzusetzen, da ist eine große Parallelität festzustellen.

Im letzteren Fall wird aber meistens der Bürger aktiv. Es ist schon mehrmals gesagt worden: Wenn er keine Möglichkeit mehr sieht, zu seinem Recht zu kommen – in der Verwaltung, in der Rechtsprechung oder anderswo –, dann ist die letzte Station der Volksanwalt.

Dieser Bericht der Volksanwaltschaft liegt uns als umfangreiches Werk vor. Es ist, so glaube ich, ein sehr schöner Bericht geworden, wenn auch die Dinge, die darin behandelt werden, oft eher trauriger Natur sind. Jetzt auf diesen Bericht näher einzugehen, ihn zu kritisieren, das heißt, positiv oder negativ zu werten, ist, so glaube ich, vielleicht gerade für diesen Bericht obsolet. Die handelnden Personen, die diesen Bericht zu verantworten haben, sitzen heute


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite