Bundesrat Stenographisches Protokoll 690. Sitzung / Seite 83

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Herr Gudenus! Wir reden hier von Existenzen! Wir reden hier von Existenzen und nicht von Schule für Kinder, sondern wir reden von Existenzen in einem anderen Land vor dem Hintergrund ... (Bundesrat Dr. Böhm: Könnten Sie in den USA ohne Englisch leben? – Bundesrat Mag. Gudenus: Nur in Chinatown!) Sie können es einmal in Florida probieren, Herr Kollege Böhm, Sie werden mit Spanisch sicher super durchkommen, wahrscheinlich werden Sie es in Kalifornien auch noch schaffen. (Bundesrat Dr. Böhm: Das Gegenteil wissen Sie!)

Herr Kollege Böhm! (Bundesrat Dr. Böhm: England, USA! Oder Frankreich ohne französisch, würde ich Ihnen wünschen! – Da lachen Sie selbst!) Herr Dr. Böhm! (Bundesrat Dr. Böhm: Italien ohne italienisch, Spanien ohne spanisch!) – Das können wir locker machen, ja. (Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann: Herr Schennach! Was haben Sie gegen Sprachkenntnisse?)  – Überhaupt nichts! Sprachen sind das einzige Kapital für die Zukunft in einem gemeinsamen Europa. (Demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen und der övp.) Das wissen wir alle.

Aber die Sprache unter dem Zwang zu erlernen: Wenn du in vier Jahren nicht die Sprache kannst, eine Prüfung nicht bestehst, wird dir unter Umständen deine Existenz durch eine Ausweisung genommen!, meine Damen und Herren, sind Maßnahmen, die einem modernen Staat nicht entsprechen! Nein, meine Damen und Herren! Nein, nein, nein!

Das ist aber nicht nur meine Meinung, Herr Dr. Böhm! Sie kommen von der Universität: Die Universität Wien zum Beispiel hat diese Zwangssprachkurse eindeutig abgelehnt, ebenso der Verband "Deutsch als Fremdsprache"; offensichtlich sind das Pädagogen. (Bundesrat Dr. Böhm: Welche Zwangskurse? – Bundesrat Mag. Gudenus: Das gibt es ja gar nicht!) Was? – Natürlich gibt es das! Alle Sprachpädagogen haben gesagt: Unter Zwang kann niemand Deutsch lernen. (Bundesrat Mag. Gudenus: Auch nicht Mathematik! – Bundesrat Dr. Nittmann: Herr Kollege! Das ist absurd!)

Zweiter Punkt – jetzt kommt der Fingerzeig –: Selbst wenn ich bruchstückhaft Deutsch kann – mehr oder weniger –, heißt das noch lange nicht, dass ich integriert bin. Die Sprache allein ohne andere Maßnahmen ist noch keine Integration. (Bundesrat Dr. Böhm: Aber die zielführende Voraussetzung!) Integration bedeutet auch: soziale Integration, berufliche Integration, letztlich auch politische Integration. Genau das wird mit diesen Deutschkursen übermalt, übertüncht. (Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann: Was haben Sie gegen die sprachliche Ausbildung, Herr Kollege Schennach?)  – Ich habe es gerade vorhin gesagt, Frau Kollegin! Ich werde Ihnen mein Redemanuskript zum Nachlesen geben. (Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann: Danke!) Gerne, ich mache das gerne, ich kann es Ihnen gleich nachher geben. (Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann: Und Sie prüfen mich dann im Herbst ab, Herr Kollege Schennach!)

Minister Strasser wird später noch sagen, was er in einem "Mittagsjournal" an einem Samstag damit gemeint hat, als er in einem Interview unüberhörbar gesagt hat, warum er von Khol-Westenthaler in dieser Sache ... (Ironische Heiterkeit des Bundesrates Mag. Gudenus. ) – Sie können lachen, Herr Gudenus, aber das ist ein Gesetz, bezüglich dessen sich die ÖVP sicherlich nicht mit fröhlichem Lachen vor die Öffentlichkeit und vor ihre Klientel zu treten traut. Dieses Gesetz hat sicherlich die FPÖ zu verantworten. Es ist bitter, dass der christliche Flügel der ÖVP bei diesem Rambo-Gesetz mitgespielt hat. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.41

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Dr. Ernst Strasser das Wort. – Bitte.

13.42

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die zur Diskussion und Beschlussfassung vorliegende Materie ist wieder einmal eine, die aufzeigt, welch furchtbaren Rucksack diese Bundesregierung übernommen hat, den es jetzt Schritt für Schritt abzuarbeiten gilt. Wir haben es übernommen, auch diesen Rucksack abzuarbeiten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Gasteiger: Das zieht nicht mehr! In ein paar Jahren seid ihr dran!)


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