Bundesrat Stenographisches Protokoll 690. Sitzung / Seite 111

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Man hätte unserer Meinung nach bereits jetzt die Massenverfahren für beide Gerichtshöfe – eben auch für den Verfassungsgerichtshof – mitregeln können, aber das wollen Sie anscheinend nicht.

Es hat zwar eine Zusage gegeben, dass all das gemeinsam im Ausschuss verhandelt werden wird. Diese Zusage wurde aber seitens der ÖVP zurückgezogen. Auch der Zeitpunkt, wann diese Zurückziehung stattgefunden hat, ist interessant, und zwar als der Verfassungsgerichtshof sein Erkenntnis über die Pensionsreform kundgetan hat. Dieses Erkenntnis war nicht schmeichelhaft für Sie als Bastler dieses Gesetzes, und daher haben Sie sofort mit einer Bestrafungsaktion geantwortet. Das heißt, der Verwaltungsgerichtshof bekommt bessere Rahmenbedingungen, der Verfassungsgerichtshof muss noch warten. Oder anders gesagt: Wenn Ihnen die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs wieder passen, dann wird auch das geregelt werden. Das kann aber bei der Schludrigkeit, wie zurzeit die Gesetze gemacht werden, noch relativ lange dauern.

Im dritten uns heute vorliegenden Gesetzentwurf geht es um mehr Geld für den Finanzminister, nämlich um die Erhöhung des Betrags, der für Organstrafverfügungen zu zahlen ist. Sie haben sich sehr viel Mühe gemacht, das zu verschleiern, und sind dann auf die Verwaltungsreform und Verwaltungsvereinfachung zu sprechen gekommen. Sie haben den Bürgerinnen und Bürgern auch zu erklären versucht, dass nichts teurer wird. Genau das ist eine bewusste Fehlinformation. Es geht natürlich um Mehreinnahmen in Millionenhöhe. Sie führen das auch in Ihrer Regierungsvorlage an. Es sind rund 14,4 Millionen € – nach alter Währung 198 Millionen Schilling –, angeführt als "Mehreinnahmen". Sie nennen das jetzt Einsparung und Verwaltungsvereinfachung. – Ich sage Ihnen: Das zahlt der Bürger. Da wird nichts eingespart, da wird einfach bei den Bürgerinnen und Bürgern abgecasht.

Wenn Sie den Satz der Organstrafverfügung von 72 € auf 218 € anheben, dann ist das eine Verdreifachung des Strafrahmens. Möglichst schnell und möglichst viel Geld vom Bürger – das scheint Ihre Maxime zu sein.

Meine Damen und Herren! Da machen wir nicht mit, das müssen Sie schon alleine verantworten! (Beifall bei der SPÖ.)

15.37

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Vizepräsident Weiss. – Bitte.

15.38

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kraml hat, wie das auch aus den Materialien des Nationalrates schon bekannt war, darauf hingewiesen, dass er gegen die Regelung für den Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst nichts einzuwenden habe; weil aber offenbar ein Junktim nicht zustande kam – das kann man wohl so formulieren –, findet das nun keine Zustimmung mehr. Sie müssen selbst beurteilen, wie hilfreich es für den Verwaltungsgerichtshof ist, Entlastung für ihn von anderen Sachverhalten abhängig zu machen.

Nicht so kommentarlos stehen lassen kann ich die Mutmaßung, der Verfassungsgerichtshof müsse auf eine gleichartige Entlastung warten, weil er sozusagen zuerst gefügig gemacht werden müsse. Seine Entscheidungen missfielen der Regierung, und daher werde er sozusagen durch Verweigerung von Gewährung von Arbeitserleichterung bestraft.

Jetzt lasse ich einmal die Inkonsequenz dieser Gedankenführung beiseite, denn wenn das so richtig ist, dann wäre ein überlasteter Gerichtshof, der nicht oder lange Zeit nicht in der Lage ist, Erkenntnisse zu fällen, geradezu eine Arbeitserleichterung für die Bundesregierung. Also die Gedankenführung ist unter diesem Gesichtspunkt in sich schon nicht logisch, wenngleich sie nicht zum Maßstab genommen werden soll. Aber dass man Erleichterungen für den Gerichtshof von seinem Wohlverhalten abhängig mache, halte ich für eine rechtspolitisch bedeutsame Unterstellung, die ich hier mit allem Nachdruck zurückweisen muss. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite