Bundesrat Stenographisches Protokoll 690. Sitzung / Seite 146

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Das ist jetzt ein paar Wochen her, Sie haben sehr erregt getan. Wenn es also irgendetwas gibt, was hier falsch war, dann muss man wohl als der Ressortverantwortliche etwas tun, um es richtig zu stellen und nicht nur zu sagen, das stimme nicht.

Herr Bundesminister! Ich habe Ihnen mit Ausnahme des provozierten Exkurses in die Region des Wahlrechtes im Hinblick auch auf die Uhrzeit längere Abschweifungen erspart. Wir alle wissen, wovon wir reden, wir haben unsere Meinungen dazu. Aber das Wesen einer dringlichen Anfrage – da bin ich mit Herrn Professor Böhm nicht einer Meinung, er ist auch nicht dieser Meinung, aber eine Presseaussendung klingt eben so – ist nicht unsere Selbstdarstellung, sondern ich habe Ihnen jetzt sehr bewusst unsere Motivation zu 27 konkreten Fragen dargelegt. Wir hätten gerne echte Antworten, um unsere Meinungsbildung ein bisschen verdichten zu können und vielleicht näherungsweise darauf zu kommen, was da tatsächlich gespielt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

18.16

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zur Beantwortung hat sich der Herr Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

18.16

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Professor! Ich möchte ganz kurz auf Ihr Extempore über das Wahlrecht eingehen, weil es auch Gegenstand der ersten und zweiten dringlichen Anfrage des heutigen Tages war und Kollege Schennach quasi eine Überleitung von der zweiten dringlichen Anfrage zur dritten dringlichen Anfrage mit Fragen in den Raum gestellt hat, die jetzt zu beantworten sind. Ich setze voraus, Frau Präsidentin, dass ähnlich wie für den Herrn Professor auch für mich die Duldung von Seiten des Präsidiums gilt, darauf einzugehen.

Ich glaube, es ist ganz klar, Herr Professor – Sie haben es auch klar dargestellt –, dass es in Europa, ohne dass es als undemokratisch empfunden wird, zwischen Mehrheitswahlrecht und Proportionalitätswahlrecht, wie es etwa in Holland in hohem Ausmaß besteht, wie Sie es für Israel angeführt haben, durchaus eine Bandbreite von demokratischen Wahlsystemen gibt.

Ich glaube daher auch, dass innerhalb der Selbstverwaltung ein Wahlverständnis herrscht. In der österreichischen Demokratie ging es seit der Wahlrechtsänderung 1971/72 weg von einem historisch gewachsenen und mit den Bundesländergrenzen versehenen ungleichen Mehrheitswahlrechtssystem zu einem, wie Sie zugegeben haben, aus Ihrer und auch aus meiner Sicht, wenn ich die parlamentarischen Debatten zu Wahlrechtsreformen und -änderungen betrachte, tragfähigen und mit den verfassungsmäßigen Mehrheiten aller Parteien der damaligen Zeit abgesicherten Wahlrecht. Es gab dazu einen mehr oder weniger geglückten oder ungeglückten, aber auf jeden Fall verfassungsmäßig tragfähigen Kompromiss, der zu einer Änderung der Wahlkultur in diesem Lande vor immerhin drei Jahrzehnten – nahezu fast auf den Tag genau, wenn ich die Zeit der Beschlussfassungen richtig im Kopf habe – geführt hat.

Jetzt gibt es eine Debatte über die Herstellung einer gleichen Wahlkultur innerhalb der Selbstverwaltungsträger, und zwar weg von dem Proportionalwahlrecht und einem vorherigen Mehrheitswahlrecht, das bei mehr als 50 Prozent der Stimmen nahezu 100 Prozent der dort zu besetzenden Positionen gerechtfertigt hat. Man hat zwar, wenn man Positionen abzugeben hat, keine Freude, aber schlussendlich ist in der Kultur, die seit 30 Jahren in der österreichischen Demokratie für Wahlrechte und für Wahlrechtsempfinden besteht, durchaus nicht die große Katastrophe auf Grund einer Änderung durch diese Bundesregierung herbeigeführt worden.

Sie haben sich auch richtigerweise daran erinnert, Herr Professor, dass ich auch als Abgeordneter und Sozialsprecher bei den entsprechenden Anträgen im Parlament durchaus diese Meinung vertreten habe und sie auch nach wie vor noch heute vertrete.

Herr Professor! Drei Jahrzehnte nach der Änderung der Wahlkultur in Österreich – bei aller Kritik, die Sie haben, und bei aller Kritik, die auch durchaus andere in anderen Parteien immer wieder formuliert haben und die etwa in den steirischen Gesprächen im September artikuliert


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