Bundesrat Stenographisches Protokoll 690. Sitzung / Seite 212

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Wir müssen uns auch dessen bewusst sein, welche Probleme mit diesem Gerichtshof auftreten können. Ich hoffe allerdings, dass sie nicht allzu groß sein werden!

Ich bedaure, dass wir den Entschließungsantrag der Bundesräte Konecny und seiner Genossinnen und Genossen auf Grund gewisser parlamentarischer Vorgangsweisen nicht mittragen können. Nachdem wir von diesem durchaus – das betone ich auch hier – nachvollziehbaren Entschließungsantrag nicht verständigt worden sind, können wir diesem nicht folgen. Aber im Geiste bin ich bei Ihnen, Herr Professor! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP .)

22.58

Präsident Ludwig Bieringer: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Albrecht Konecny. – Bitte, Herr Bundesrat.

22.59

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Tatsache ist, dass sich ein Internationaler Strafgerichtshof, so wie jede international operierende Gerichtsinstitution, naturgemäß nicht auf gesatztes Recht stützen kann, sondern, wenn es um eine weltweite Organisation geht, versuchen muss, die Rechtstraditionen verschiedener Kulturkreise in zentralen Punkten nach einer Art Billigkeitsprinzip in Übereinstimmung zu bringen. So schlecht sind wir da in vielen Jahrzehnten mit dem Internationalen Gerichtshof, der Streitigkeiten zwischen Staaten zu behandeln hat, nicht gefahren. Auch dort hat es erfolgreich den Versuch gegeben, ohne gesatztes Recht nach allgemein anerkannten Rechtsprinzipien zu Entscheidungen zu kommen. (Bundesrat Dr. Böhm: Es geht um Strafrecht!) – Sie haben völlig Recht, Herr Professor! Strafrecht ist naturgemäß eine Dimension schärfer, obwohl einen Staat mit seinen Ansprüchen abzuweisen üblicherweise zu mehr Wellen führt als die vielleicht nicht von allen verstandene Verurteilung eines Einzelnen.

Es ist keine Frage, dass internationale Gerichtsbarkeit, wenn sie denn besteht, auch ihre Strukturen und ihren gemeinsamen Vorrat an Ideen und Judikaturen entwickelt und entwickeln wird. Wir haben im Augenblick sozusagen Singulärgerichtsbarkeit im Fall der Verbrechen, die im Zusammenhang mit den Balkankriegen geschahen, und auch diesbezüglich geht es um Sachverhalte, welche die internationale Gemeinschaft abzuurteilen wünscht und wo es einen deutlich erkennbaren Fortschritt gibt, der auch zum Sammeln von Erfahrungen in diesem Bereich gehört.

Ich bin mit vermutlich allen, die dazu gesprochen haben, gemeinsam davon überzeugt, dass vielleicht nicht wir, aber Nachfolger von uns in diesem Saal Ergänzungskonventionen und Weiterentwicklungen dieses Rechtsinstruments beschließen werden und beschließen müssen. Ich gebe aber jedenfalls – und das sage ich sehr persönlich – einer solchen internationalen Instanz klar den Vorzug gegenüber nationalen Gesetzgebungen, die sich selbst verabsolutieren.

Herr Kollege Gudenus, der sich ganz offensichtlich in Vorbereitung auf diesen Tagesordnungspunkt damit mehr beschäftigt als ich, hat andere erwähnt, als ich sie genannt habe. Er hat Ansprüche der USA genannt, weltweit im nationalen Gerichtsrahmen zu judizieren. Es gibt die belgische Rechtsordnung, die zwar von der Intention her durchaus verständlich und auch positiv ist, aber der Zugang, dass sich sämtliche UNO-Mitgliedstaaten selbst zum Schiedsrichter für jedes irgendwo auf der Welt begangene Verbrechen machen, führt nicht zu mehr Rechtssicherheit, sondern zum Rechtschaos. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ich sage ganz offen: Das kann nicht das Ziel sein! Die Vereinigten Staaten haben in ihrer Geschichte all das getan, was Vincenz Liechtenstein mit Recht hier hervorgehoben hat. Auch ich bin immer ein Anhänger des Prinzips Hoffnung. Es sind daher nicht einfach die USA, sondern es ist ganz konkret die gegenwärtige Administration, die in massivster Weise jedem Multilateralismus ein Nein entgegensetzt, ob es jetzt um internationale Umweltverträge, um internationale Abrüstungsverpflichtungen oder um den Internationalen Strafgerichtshof geht. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Maier. ) Bitte, Herr Kollege? Ich habe Sie nicht verstanden! (Bundesrat Dr. Maier: Clinton hat ja auch nichts getan!) – Er hat nichts gemacht, er hat es nur unterschrieben, aber sonst ist alles in Ordnung! So familiär war ich mit Bill Clinton auch nicht, dass ich


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