Bundesrat Stenographisches Protokoll 690. Sitzung / Seite 232

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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Der von den Bundesräten Mag. Trunk, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend politische Verantwortung für den Grazer Sexskandal ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Bundesminister Mag. Haupt. – Bitte.

0.10

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Den Ausführungen der Frau Bundesrätin Melitta Trunk möchte ich aus meiner Sicht als Bundesminister für Frauenangelegenheiten Folgendes hinzufügen: Sehr geehrte Frau Kollegin Trunk! Für mich als Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen, der auch für die Gleichbehandlungskommission in Graz zuständig ist, war es überhaupt keine Frage, sofort, nachdem ich über die Medien von der Affäre erfahren hatte, den beiden vermutlich Belästigten – "vermutlich", weil bis zum Abschluss eines Rechtsverfahrens schlussendlich die Unschuldsvermutung zu gelten hat – über die Gleichbehandlungskommission in Graz von Seiten meiner Behörde einen Rechtsbeistand zur Verfügung zu stellen.

Bezüglich der Zitate zu den damals behaupteten Vorkommnissen im Magistrat Graz, die Sie zu unserer Information vorgetragen haben, darf ich Ihnen ganz klar sagen, dass Frau Staatssekretärin Rossmann in ihrer damaligen Funktion im Magistrat Graz meines Wissens beide Damen sofort nach Bekanntwerden der Vorwürfe in ihr Büro aufgenommen hat, um sie dem direkten Bereich der Belästigungen, die behauptet wurden, zu entziehen. Sie hat ihnen den bestmöglichen Schutz, den sie in ihrer damaligen Funktion gewährleisten konnte, gegeben.

Wer in dieser Sache tatsächlich schuldhaft gehandelt hat, und wie, werden die österreichischen Strafbehörden, so wie es das österreichische Gesetz vorsieht, feststellen. Es gilt daher für mich – und ich hoffe auch für alle anderen – bis zu einer entsprechenden gerichtlichen Verurteilung die Unschuldsvermutung.

Da Sie in Ihren Antrag auch den Bericht über die Gemeinde- und die Landesbediensteten miteingeschlossen haben, darf ich erwähnen, dass meine Haltung als verantwortlicher Minister, wie ich glaube – ohne mich selbst loben zu wollen –, nachvollziehbar ist und dass ich zumindest umfassender und schneller reagiert habe als meine Vorgängerin Prammer in Zusammenhang mit behaupteten Übergriffen, die schlussendlich zu einer gerichtlichen Verurteilung geführt haben. – Ich spreche von den Vorkommnissen, von denen Frauen in der Gemeinde Windischgarsten betroffen waren. Ich sage das wertfrei und klar.

Ich meine daher, dass es für einen Entschließungsantrag an die Frau Bundesministerin und Vizekanzlerin in diesem Zusammenhang eigentlich keinen Anlass gibt, denn wenn die Bundesminister für Soziales, Generationen und Frauenangelegenheiten – in welcher Form das auch immer nach dem Ministeriengesetz zusammengehört – ihre Aufgabe ordnungsgemäß wahrnehmen, kann solch ein Fall keine Angelegenheit der parteipolitischen Zugehörigkeit eines behaupteten Täters sein, sondern es geht ausschließlich darum, jenen, die sich belästigt fühlen, entsprechende Hilfestellung zu geben.

Frau Kollegin Trunk! Als jemand, der eine Institution für Frauen in solchen Situationen in Klagenfurt leitet, wissen gerade Sie, dass Frauen aus Rücksicht auf das eigene Umfeld und auch aus Angst vor ihrer eigenen Stigmatisierung und davor, in der eigenen Umgebung als Opfer noch ein zweites Mal stigmatisiert zu werden, sehr oft sehr lange schweigen und leider oft in der frühen Phase des Bekanntwerdens solcher Vorkommnisse Details nur teilweise oder unvollständig bekannt geben. Erst, wenn die Zeit reif geworden ist, sich mit diesen negativen Erfahrungen zu befassen, und wenn auch kompetente Hilfe angeboten wird, kommt der Zeitpunkt, an dem diese Ereignisse aufgearbeitet und umfassend Einzelheiten bekannt gegeben werden. – Das passiert oft erst nach Jahren, oder, wenn es sich um sexuelle Übergriffe gegenüber Kindern handelt, manchmal erst nach Jahrzehnten. Erst dann wird auch der Täterkreis bekannt und kann einer Erhebung, einer Rechtsverfolgung und einer Verurteilung zugeführt werden.


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