BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 31

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Wenn wir vor allem eine Änderung durch die Menschen – nicht nur in Tschechien, aber sicher auch in Tschechien – von bestimmten historischen Ereignissen wollen, dann sollen wir diese Menschen selbst entscheiden lassen, wann sie an das Thema heran­gehen und wie sie herangehen. Das ist ein Prozess, den das tschechische Volk für sich beantworten muss. Wir werden uns freuen, wenn es Antworten sind, die wir mit­tragen können. Und wir sollten nicht vergessen, dass es diese Wechselbeziehung gibt, in der dieses geschichtliche Unrecht – und das war es zweifelsfrei – auch verursacht wurde.

Der Prozess der Erweiterung der EU ist um vieles größer als dieses Thema. Ihn leidenschaftlich zu begrüßen, alles zu tun, damit er zu einem wirklichen Erfolg wird, der EU jenen Verfassungsrahmen zu geben – wozu du, Kollege Tusek, beigetragen hast, wofür wir uns alle bei dir bedanken sollen (allgemeiner Beifall) –, der sie aktionsfähig auch mit 25 und mehr Mitgliedern macht – all das ist notwendig. Aber ich sage am Schluss noch einmal: Die EU ist nicht nur eine Frage von Strukturen, Kommissionen und Verträgen, sie ist vor allem auch eine Frage des Ausmaßes, in dem sie von den Menschen mitgetragen wird. Die Erweiterung hat es schwer gehabt, von den Men­schen mitgetragen zu werden. Ich glaube, dass wir, wenn wir heute – soweit ich das beurteilen kann, einstimmig – dieser Vorlage zustimmen, damit zumindest eine klare Mehrheitsmeinung unserer Bevölkerung zum Ausdruck bringen; aber es gilt, daran zu arbeiten, dass aus dieser Mehrheit in Zukunft eine noch klarere Mehrheit und eine überwältigende Mehrheit wird – unsere gemeinsame Heimat ist eben Europa! (Allge­mei­ner Beifall.)

9.39

 


Präsident Hans Ager: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Böhm. Ich erteile ihm dieses.

 


9.39

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Wie bereits anlässlich des Beitritts Österreichs zur Europäischen Union sowie des Ab­schlusses der Verträge von Amsterdam und Nizza soll heute ein besonderes Bundes­verfassungsgesetz beschlossen werden, das die Bundesregierung zum Abschluss des Vertrages über den Beitritt der zehn neuen EU-Mitglieder im Sinne der so genannten Osterweiterung ermächtigt.

Vorweg halte ich fest, dass meine Fraktion dieser Vorlage zustimmen wird!

Entgegen der in den Medien immer wieder verbreiteten Kritik, dass sich die Frei­heitliche Partei gegen die EU-Osterweiterung gestellt hätte, betone ich daher bewusst, dass wir diese im Grundsatz stets befürwortet haben. (Bundesrat Gasteiger: Jetzt aber, na, jetzt!) Sie ist, wie ich vorbehaltlos einräume, durchaus ein Projekt von histori­schem Rang, weil sie die Überwindung der Teilung von West- und Osteuropa und da­mit der in Jalta geschaffenen Nachkriegsordnung bedeutet. Hier befinde ich mich mit meinen Vorrednern voll im Einklang.

Es ist auch nicht zutreffend, dass wir uns gegen den Beitritt einzelner Staaten oder auch nur eines einzigen, nämlich der Tschechischen Republik, gewandt hätten. Wir be­kennen uns außerdem bewusst zum Konzept einer mitteleuropäischen, regionalen Partnerschaft.

Das ändert freilich nichts an unserer Überzeugung, dass von Seiten einzelner Bei­trittskandidaten – und hierbei spreche ich allerdings primär die Tschechische und die Slowakische Republik an – die gebotenen Vorleistungen nicht erbracht worden sind. Das gilt vor allem im Hinblick auf die viel zitierten „europäischen Werte“, die sich ins-


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