Bundesrat Stenographisches Protokoll 706. Sitzung / Seite 113

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16.03

Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Wir haben heute die Dringliche Anfrage betreffend Pensionspolitik-Desaster der Bundesregierung ganz bewusst eingebracht, und zwar aus dem Grund, weil bereits drei Monate nach In-Kraft-Treten der am 11. Juni 2003 beschlossenen Pensionsreform die katastrophalen Auswirkungen dieser „Pensionskürzungsreform“ erkennbar werden.

Lassen Sie mich kurz in Erinnerung rufen: Vor den Wahlen im November 2002, nach­dem die Erstauflage der ÖVP/FPÖ-Regierung gescheitert war, versprach Herr Bundes­kanzler Schüssel der Bevölkerung, dass in den nächsten Jahren bei den Pensionen keine Änderung notwendig sein wird. Das war allerdings vor den Wahlen!

Nach den Wahlen, als es eine Neuauflage der ÖVP/FPÖ-Regierung gab, sah das schon ganz anders aus! – Bereits im Frühjahr 2003 wurde der Bevölkerung von Seiten der Regierung mitgeteilt, dass eine entsprechende Reform auf Grund der demographi­schen Entwicklung und auf Grund der finanziellen Situation unbedingt erforderlich ist, und es wurde immer das Argument gebracht, dass eine so genannte Pensionssiche­rungsreform durchgeführt werden muss, damit auch für die jungen Menschen die Pensionen noch gesichert sind.

Faktum ist, dass beide Argumente nicht stimmen: Die Finanzierung der Pensionen war nicht gefährdet, sondern es ging ganz einfach um eine Geldbeschaffungsaktion der Bundesregierung, weil man Gelder für andere Aktivitäten frei bekommen musste. Ich erinnere an den Eurofighterankauf und so weiter. (Bundesrat Dr. Böhm: Das hat damit überhaupt nichts zu tun!) Ich frage mich, wo wir die 75 Millionen € für die Zwischen­finanzierung der F 5 jetzt hernehmen werden und ob da auch wieder Reformen not­wendig sein werden!

Wir meinen, dass auf jeden Fall die Finanzierbarkeit der Pensionen durch andere Maß­nahmen ohne weiteres möglich gewesen wäre, obwohl wir nicht in Abrede stellen, dass natürlich durch die verschiedenen Entwicklungen Reformschritte notwendig sind, aber nicht in der Form, wie sie stattgefunden haben, denn bereits im Begutachtungsentwurf, der im März ausgesendet wurde, waren die wirklich gravierenden Einschnitte erkenn­bar.

Der Vorschlag der Sozialpartner, bis Herbst ein gemeinsames Reformkonzept vorzu­legen, ist von Bundeskanzler Schüssel glattweg abgelehnt worden. Was darauf gefolgt ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, können sich wahrscheinlich noch alle in Erinnerung rufen: Es gab die größten Streiks in Österreich seit 50 Jahren. Ich erinnere nur an die Demonstration am 13. Mai, bei welcher über 250 000 Menschen bei Hagel, Sturm und Regen auf die Straße gegangen sind und ihre Sorgen und ihren Unmut kundgetan haben.

Auf Vermittlung des Herrn Bundespräsidenten kam es dann zu Gesprächen am Run­den Tisch. Bei diesen Gesprächen war es dann möglich, einige Abänderungen herbei­zuführen. (Zwischenruf des Bundesrates Hagen.) Ja! Auch ich muss lobend erwähnen, dass der Herr Minister – und damals noch Vizekanzler – Haupt die Initiative ergriffen hat und zum Herrn Bundespräsidenten gegangen ist und ersucht hat, da vermittelnd einzugreifen. (Bundesrat Dr. Böhm: Richtig!) Bei diesen Gesprächen konnten, wie ge­sagt, zwar einige Änderungen, wie zum Beispiel die Verlängerung der Übergangsfris­ten, die Verlustdeckelung oder die Errichtung des Härtefonds, bewirkt werden, in der Substanz hat diese Pensionsreform aber unserer Meinung nach nicht an Grauslichkeit verloren. Alle Argumente der Sozialpartner, diese Pensionsreform nicht überfallsartig durchzuziehen, sondern in Ruhe ein soziales und für alle Bevölkerungsgruppen gleiches Pensionsmodell zu erarbeiten, das auch wirklich für die Zukunft aufgebaut ist


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