Bundesrat Stenographisches Protokoll 707. Sitzung / Seite 95

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Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Ich möchte von den drei Berichten der Tagesordnung den Bericht über die Situation der Klein- und Mittelbetriebe herausgreifen. Dieser Bericht ist sehr interessant, und ich danke all jenen, die ihn verfasst haben, da dies sicher sehr viel Arbeit bedeutet hat. Vor allem gefällt mir, dass fundierte Informationen der KMUs in Österreich, aber auch im EU- beziehungsweise internationalen Vergleich angeführt sind.

In Österreich beziehungsweise auch in der EU sind zirka 93 Prozent Klein- und Mittel­betriebe, davon sind zirka 84 Prozent Betriebe mit bis zu zehn Mitarbeitern oder Mitar­beiterinnen.

Die gesamten Klein- und Mittelbetriebe stellen zirka 65 Prozent der Arbeitsplätze. Sie sind also ein sehr wichtiger wirtschaftlicher Faktor in Österreich.

Weiters möchte ich erwähnen, dass in Österreich jedes dritte Unternehmen von einer Frau geführt wird. Dazu kommen noch die vielen Mitunternehmerinnen, die im Betrieb ihres Mannes oder Partners mitarbeiten. Ich persönlich bin auch davon überzeugt, dass viele Betriebe gar nicht existieren könnten, wenn die Mitunternehmerinnen nicht tatkräftig im Betrieb mitarbeiten würden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Dr. Böhm: Ganz richtig!)

Ich möchte heute die Gelegenheit nutzen, aus Anlass des Berichtes über die Situation der KMUs Folgendes zu sagen: Es ist so, dass es auch für Gewerbetreibende soziale Gerechtigkeit geben muss. Laut Berechnung der Wirtschaftskammer ist nämlich die Abgabenlast keineswegs bei Dienstgebern und Dienstnehmern gleich verteilt. Der Beitrag der Wirtschaft beträgt fast 56 Prozent, während der Beitrag aller Arbeitnehmer zusammen rund 44 Prozent beträgt. Dabei sind die vom Arbeitgeber zu leistenden Abgaben zum Familienlastenausgleichsfonds nicht mitgerechnet. Das heißt, dass die Wirtschaft in hohem Ausmaß das soziale Netzt finanziert.

So werden zum Beispiel nur mit den Beiträgen der Wirtschaft das Kinderbetreuungs­geld, die Schülerunfallversicherung, Schüler- und Lehrlingsfreifahrten, Schulbücher und so weiter finanziert. Das bestätigt deutlich, dass alles, was der Sozialstaat verteilt, letzten Endes von den Betrieben und deren Mitarbeitern beziehungsweise Mitarbei­terinnen erwirtschaftet werden muss. Dies sollte allen klar sein, vor allem auch jenen, die immer wieder soziale Forderungen stellen.

Ich möchte hier folgenden Vergleich anstellen: Während für einen Dienstnehmer, der krank ist, unser Sozialstaat mit seinem breiten Leistungsangebot voll einspringt, ist dies bei den Unternehmern nicht der Fall, obwohl diese zur Finanzierung der Sozialleistun­gen einen hohen Beitrag zahlen.

Als Beispiel möchte ich Ihnen Folgendes näher bringen: Jemand, der fünf Jahre in einem Betrieb ist, erhält vom Dienstgeber acht Wochen das volle und vier Wochen das halbe Krankengeld. Das heißt in der Praxis, dass der Betrieb zehn Wochen Kranken­geld bezahlen muss; das sind zweieinhalb Monate. Ich überlasse es Ihnen, sich auszurechnen, wie sehr das gerade kleine Unternehmen belastet. Auch Klein- und Mittelbetriebe stehen voll im Wettbewerb.

Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass wir alle im gleichen Boot sitzen: Unter­nehmer, Unternehmerinnen sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, und nur mit­einander stark sind. Die Finanzierung unseres Sozialsystems hängt in hohem Ausmaß davon ab, und dessen sollten sich alle bewusst sein. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

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