Bundesrat Stenographisches Protokoll 712. Sitzung / Seite 25

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

9.38

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Hösele! Ich habe ein bisschen schmunzeln müssen, als Sie gesagt haben, diese Maßnahmen, diese Einschnitte hätten dem ORF gut getan. – Ich meine, es ist eine relative Feststellung, was jemandem gut tut. Einem Masochisten tut eine masochistische Behandlung offensichtlich auch gut. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Aber es ist nicht jedermanns oder jederfraus Sache, so behandelt zu werden. – Gut, sei’s drum! Ich glaube, es wird etwas unterschiedlich gesehen.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Was ich vorher gesagt habe, was ich gestern oder vorgestern gesagt habe, das gilt auch heute und morgen. Ich habe immer gesagt, dass diese Novellierung an sich auf dem richtigen Weg ist und von den Grundintentionen her unterstützenswert ist.

Wodurch Sie mich, wodurch Sie die Grünen zwingen, es abzulehnen, ist etwas, woran wahrscheinlich weniger Sie schuld sind als das parlamentarische Procedere. Herr Klubobmann Molterer schrieb am 8. Juli 2004, dass es sich bezüglich der Fristsetzung zu diesem Antrag um eine Ausnahmesituation handelt – also wir sind nicht in einer Medienausnahmesituation, die null parlamentarische Beratung von Mediengesetzen erforderlich macht!

Ich weiß, dass die Lizenzen für zwei Sender mit Ende des Jahres auslaufen. Mit viel Phantasie hätte man wahrscheinlich auch eine Konstruktion finden können, die es ermöglicht hätte, dass es zu einer ordentlichen Beratung von Mediengesetzen – Mediengesetze sind immer Demokratiegesetze – gekommen wäre, denn zu diesen Gesetzen – ich habe aber auch immer gesagt, dass der Herr Staatssekretär im Prinzip den richtigen Weg eingeschlagen hat – gäbe es vieles, das im Parlament diskutiert und auch verhandelt werden müsste. – Das zum einen.

Mediengesetze dienen immer einer Art paradoxen Intervention auf dem Markt: Nicht der Stärkste soll alles haben, sondern es interveniert sozusagen das öffentliche Interesse, um eine Vielfalt an Angeboten auf dem Markt zu erreichen und um auch zu garantieren, dass nicht ein Monopolist alles besitzt.

In diesem Sinne kann ich sagen: Ich bin sehr froh, dass man mit diesem Gesetz den Druck auf eine Privatisierung von FM4 nimmt, denn es ermöglicht, dass es ein privates bundesweites Fernsehen gibt, aber gleichzeitig sieht es auch ein regionales Fenster eines bundesweiten Privatradios vor. Das bedeutet, dass regionale Radios, rein regionale Radios dadurch natürlich enorm konkurriert und unter Umständen in ihrer Existenz bedroht werden.

Ich bin Kollegem Hösele sehr dankbar dafür, dass das auch einmal von ÖVP-Seite hier am Rednerpult angesprochen worden ist – bisher habe ich es immer als eine Art Sünde betrachtet, wenn das aus ÖVP-Munde gekommen ist; ich weiß, dass Herr Hösele anders denkt und da diese Notwendigkeit sieht – und auch die Meinung vertreten wird: Ja, wir brauchen ein Förderungsinstrument zur Sicherung der Medien­vielfalt im elektronischen Bereich! – Und, Gott im Himmel, die CSU tut es ja auch, warum darf es die ÖVP nicht?! Ich, Herr Kollege Hösele, gehe da sogar noch weiter und sage: Wir brauchen es nicht nur für die nicht kommerziellen und Freien Radios, sondern auf Grund dieser Gesetzesmaterie und der Möglichkeit des Zusammen­schlusses eines bundesweiten Privatfernsehens werden wir es auch für regionale Private benötigen, wenn wir Medienvielfalt haben wollen und letztlich nicht nur ein duales System: zum einen den ORF und zum anderen vielleicht zwei vorherrschende oder alles beherrschende Private.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite