Bundesrat Stenographisches Protokoll 714. Sitzung / Seite 66

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Vergeblichkeit eines außergerichtlichen Aufforderungsverfahrens sogleich mit Klage das Zivilgericht anrufen, ohne – anders als bisher – zuvor eine positive Entscheidung des Strafgerichtes über die Anspruchsvoraussetzungen erwirken zu müssen. Zudem kann er für einen solchen Zivilprozess auch Verfahrenshilfe erlangen. Rechtspolitisch sachgerecht ist es auch, ausschließlich die am durchgeführten Strafverfahren unbe­teiligten Zivilgerichte zur Entscheidung über diesen seiner Art nach zivilrechtlichen Anspruch für zuständig zu erklären.

Zu all diesen den Rechtsstaat stärkenden Vorhaben wird meine Fraktion gerne ihre Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.41

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schen­nach. – Bitte.

 


12.42

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Lieber Herr Kollege Böhm! Die differenzierende Ermessensentscheidung und auch die Rechtshilfe sind Themen, zu denen Sie kritische Anmerkungen gehabt haben und auch ich.

Prinzipiell, sehr geehrte Frau Bundesministerin, werden die Grünen beiden Gesetzes­vorschlägen ihre Zustimmung erteilen. Insbesondere das Abkommen mit Polen über die Rechtshilfe ist ja etwas, was in einer Reihe anderer Staaten folgt, und es erleichtert insbesondere die wechselseitige Hilfe auch bei der Verfolgung von Taten, die in einem Staat gerichtlich strafbar sind und in einem anderen nur dem Verwaltungsstrafrecht unterliegen.

Zum Zweiten, zur generellen Neuordnung des Strafrechtlichen Entschädigungs­geset­zes: Erstens ist prinzipiell zu begrüßen, dass es hier zu einer wirklich kompletten Änderung gekommen ist, insbesondere betreffend die Bereiche nach einer ungerecht­fertigten oder auch gesetzeswidrigen Haft. Es ist auch zu begrüßen, dass nun die Zuständigkeit der Zivilgerichte gegeben ist. Das ist positiv. Bisher war es ja so, dass dem Grund nach die Strafgerichte und für die Höhe dann die Zivilgerichte zuständig waren, und das hat in der Praxis immer wieder zu sehr, sehr unbefriedigenden Ergebnissen geführt.

Aber hinsichtlich der Regelung – Frau Kollegin Neuwirth hat dieses Thema ja schon angezogen – betreffend Ausschlusspunkte und Einschränkungen der Ersatzansprüche hat auch die Rechtsanwaltskammer aufgeschrien und gesagt, dass dies nicht ganz im Sinne der Gleichbehandlung der Ansprüche ist. Unter anderem besteht ein Haftungs­ausschluss, soweit die Zeit der Anhaltung auf eine unbedingte Strafe angerechnet wird – das ist völlig klar –, eins zu eins. Das Problem ist aber bei einer vorzeitigen Entlassung: Wie wird das bewertet? Und hier ist es ja so, dass dies unter einen Ausschlussgrund kommt. Die Rechtsanwaltskammer hat hier eine Formulierung vorge­schlagen oder angeregt, eine Forderung umzusetzen, die heißt, einen Ausschluss oder eine Einschränkung des Anspruches nur in dem Fall und in dem Ausmaß zu normieren, als die Anrechnung auf eine unbedingt verhängte Strafe erfolgte. Das wäre mit Sicherheit eine gerechtere Vorgangsweise gewesen.

Weiters soll der Anspruch unter Bedachtnahme auf die Verdachtslage zur Zeit der Fest­nahme eingeschränkt oder ausgeschlossen werden können. Aber durch diese Bestimmung, Frau Ministerin, wird eigentlich versucht, die Folgekosten aus budgetären Erwägungen zu beschränken. Denn was müssen die Zivilgerichte jetzt tun, Herr Kollege Böhm? – Die Zivilgerichte müssen jetzt im Grunde nachträglich bewerten – das beinhaltet diese differenzierte Ermessensentscheidung; Sie haben es selbst gesagt –,


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