Bundesrat Stenographisches Protokoll 714. Sitzung / Seite 85

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und ihren Kontrollmechanismen. Mehrfache, für einen sonst so vorbildlichen Rechts­staat wie Österreich peinliche Verurteilungen, präzise Feststellungen von Konventions­verletzungen durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte belegen das leider zur Genüge.

Wir stimmen auch der Kritik an der unzureichenden Art und Weise der Ausübung der im Strafgesetzbuch vorgesehenen Maßnahmen der Diversion vollinhaltlich zu. Arbeits­ökonomische Gesichtspunkte dürfen die Staatsanwaltschaft nicht dazu veranlassen, im Zweifel und nur, weil das sehr einfach ist, Geldbußen aufzuerlegen. Bei schwer­wiegenden Straftaten, soweit für diese die Diversion überhaupt in Betracht kommt, müssen rechtspolitisch alternative, aber auch kombinierte und damit kumulative Maß­nahmen ermöglicht werden.

Aus all diesen Gründen plädiere ich dafür, dem Ausbau der Kontrollrechte und den legistischen Anregungen der Volksanwaltschaft in beiden Häusern des Parlaments weitaus mehr Gewicht einzuräumen als bisher. Mit voller Anerkennung und vollem Respekt nimmt daher meine Fraktion den Tätigkeitsbericht der Volksanwaltschaft zur Kenntnis. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.00

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist Herr Volksanwalt Dr. Kostelka. – Bitte.

 


14.00

Volksanwalt Dr. Peter Kostelka: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Als derzeitiger Vorsitzender der Volksanwaltschaft darf ich einige Bemer­kungen machen, die sich in erster Linie natürlich mit der Frage der Weiterentwicklung der Volksanwaltschaft beschäftigen. Ich bin sehr dankbar, dass die Vorschläge der Volksanwaltschaft so positive Erwähnung gefunden haben.

Meine Kollegin Volksanwältin Bauer wird sich in weiterer Folge noch mit der Frage der Anzahl der Volksanwälte beschäftigen, mich lassen Sie in diesem Zusammenhang eine einzige Bemerkung machen: Es ist Entscheidung des Verfassungsgesetzgebers, welche Konstruktion er wählt, nur muss er sich bewusst sein, welche Auswirkungen er damit verursacht.

Die österreichische Volksanwaltschaft ist auch im internationalen Vergleich eine der bürgernahsten, wenn nicht die bürgernahste überhaupt. Wir haben über 250 Be­schwerdesprechtage in Wien, aber vor allem auch in den Bundesländern. Es gibt eine kostenlose Telefonnummer. Jeder – und 3 500 derartige Kontakte der Volksanwälte beweisen das –, der mit einem Volksanwalt sprechen will, hat auch die Möglichkeit dazu.

Sie alle, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind Volksvertreter und kennen daher die Sorgen und Nöte der von Ihnen Vertretenen. Man will nicht mit einem stellvertretenden Bundesrat, sondern mit einem Bundesrat sprechen, man will nicht mit einem stellvertretenden Nationalrat, sondern mit einem Nationalrat sprechen. Und so ist es auch beim Volksanwalt.

Das, was ich hier gerade kurz geschildert habe, nämlich die Möglichkeit, mit einem Volksanwalt zu sprechen, ist nur leistbar, weil wir das zu dritt wahrnehmen. Das liegt auf der Hand bei über 250 Sprechtagen im Jahr. Das heißt, an jedem Arbeitstag hat einer von uns irgendwo einen Sprechtag, und das ist nur organisierbar, wenn es mehr als einen Volksanwalt gibt.

In diesem Zusammenhang aber auch ein Wort zur inhaltlichen Weiterentwicklung. Ich muss mit Bedauern sowohl als Volksanwalt als auch als Mitglied des Österreich-Konvents feststellen, dass die Konsensfähigkeit außerordentlich gering ist. Das, was


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