BundesratStenographisches Protokoll716. Sitzung / Seite 50

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11.41

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich glaube, für das heutige Thema hat der Schriftsteller und Dichter Charles Dickens für beide Seiten in gewisser Weise ein Motto geliefert: Einerseits scheint diese Seite (in Richtung ÖVP) in Bezug auf die Pensionsreform „Große Erwartungen“ zu hegen, andererseits sieht diese Seite (in Richtung SPÖ) eher „Harte Zeiten“ auf uns zukommen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

Ich denke, das Problem dieser Pensionsharmonisierung beginnt schon ganz grund­legend. Es wird nämlich von einer falschen Vorstellung ausgegangen. Die Grundlage dieser Idee ist ja eine durchgehende Erwerbsbiographie. Wenn wir uns aber die Realität anschauen, müssen wir feststellen, dass sie ganz einfach anders aussieht. Eine durchgehende Erwerbsbiographie in dem Sinne werden Sie kaum mehr finden! Es ist nicht mehr so, dass jemand mit 15 Jahren eine Lehre beginnt, bei einer Firma arbeitet und vielleicht zwei-, höchstens dreimal den Beruf wechselt. Menschen werden krank, Menschen werden arbeitslos, Menschen unterbrechen ihre Erwerbsbiographie für Fortbildungen. (Bundesrat Dr. Kühnel: Das war bisher auch schon!) Die durch­gehende Erwerbsbiographie, die man bräuchte, um nicht durch die kommenden Regelungen benachteiligt zu werden, gibt es in der Praxis einfach nicht mehr. Die Pension wird also in der Folge nicht zum Ruhestand, sondern zur Armutsfalle. (Bun­desrat Wolfinger: Aber geh!)

Insbesondere Frauen werden – wieder einmal – benachteiligt, Frauen haben nämlich ganz besonders unter der Regelung der lebenslangen Durchrechnung zu leiden. Es war in der Vergangenheit für Frauen schon möglich, 15 relativ gute bis sehr gute Beitragsjahre zusammenzubekommen, aber bei einer lebenslangen Durchrechnung werden Frauen im Gegensatz zu Männern immer den Kürzeren ziehen. (Bundesrat Dr. Kühnel: Mit dem Pensionskonto sicher nicht!)

Jetzt wird wahrscheinlich von Ihrer Seite das Argument kommen, die Kinder­erzie­hungszeiten werden ja in Zukunft viel besser angerechnet. – Darauf muss ich zwei Dinge entgegnen. Erstens: Es gibt auch Frauen ohne Kinder; auch diese Frauen sind im Erwerbsleben hinsichtlich ihres Lebensdurchschnittseinkommens benachteiligt und haben genau nichts von dieser Regelung der besseren Anrechnung der Kinder­erziehungszeiten. (Bundesrätin Roth-Halvax: Wieso?) Das liegt einfach daran, dass klassische Frauenberufe eben im Durchschnitt schlechter bezahlt sind, das liegt auch daran, dass das Lohnniveau – und das ist uns allen bekannt – für Frauen im Durch­schnitt geringer ist als jenes von Männern. Das ist nicht meine Erfindung, sondern da gibt es Berichte, die von offizieller Stelle erstellt worden sind, die genau das aussagen.

Zweitens, die Frage der ... (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) – Ich bin Studentin, das habe ich, glaube ich, schon öfters dargelegt.

Zweitens: zur Frage der Kindererziehungszeiten und wie sie angerechnet werden. Frauen, die in Karenz gehen, haben ja nicht nur in der Karenzzeit, sondern auch in späterer Folge – also Langzeitauswirkungen – mit einem Verdienstentgang zu rech­nen. Sie werden in einem viel stärkeren Ausmaß als Männer nach der Karenz in Teil­zeit gehen – das kostet sie, im Lebensdurchschnitt gerechnet, Einkommen –, sie ha­ben dadurch auch einen Lohnentfall, weil sie ja wegen der Karenz nicht durchgehend im Erwerbsleben stehen und es dann bei etwaigen Gehaltserhöhungen auch zu Ausfällen kommt. Wenn diese Kindererziehungszeiten während der Karenzzeit halb­wegs gut angerechnet werden, dann gleicht das noch keinesfalls die Probleme aus, die in späterer Folge kommen werden.

 


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