Bundesrat Stenographisches Protokoll 724. Sitzung / Seite 106

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meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, in Ihrem Regierungs­programm 2003 unter Punkt 8, Arbeit und Soziales, angeführt haben.

Ein wirklich wirksames Behindertengleichstellungsgesetz muss volle Bürgerrechte und volle Gleichberechtigung in Bildung, Beruf und Freizeit zum Ziel haben. Trotz zahl­reicher Bemühungen ist die Regierungsvorlage in Summe unzureichend, um Men­schen mit Behinderung ein wirksames Instrument für gesellschaftliche Gleichstellung in die Hand zu geben. Und daher werden wir diesem Entwurf in der vorliegenden Form keine Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Noch ganz kurz zur Anerkennung der Gebärdensprache, der ja eine sehr lange Dis­kussion vorangegangen ist: Schätzungen zufolge gibt es heute in der Europäischen Union zirka 1,6 Millionen gehörlose Menschen. Diese Menschen haben oft Sprach­schwierigkeiten; die Gebärdensprache ist für die meisten von ihnen eine oder sogar die einzige Möglichkeit, sich auszudrücken.

Die Gebärdensprachen sind wissenschaftlich als eigenständige und vollwertige Sprachen anerkannt. Die Anerkennung der österreichischen Gebärdensprache in der Verfassung soll daher ein Schritt zur Verbesserung der Situation dieser Bevölkerungs­gruppe sein. Daher werden wir diesem Entwurf zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.57


Präsident Peter Mitterer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mayer. Ich erteile ihm dieses.

 


14.57.35

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Staatsekretäre! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz, der Anerkennung der Gebärdensprache und der Verankerung in der Verfassung wurde nach einem jahrelangen Verhandlungsmarathon ein guter Kompromiss für eine gesetzliche Regelung gefunden. Wichtig ist auch für Gehörlose, dass sie dadurch besser am Bildungssystem teilnehmen können und die Integration und die Chance, am Leben aktiv teilzunehmen, wesentlich größer werden.

Wenn Sie, liebe Kollegin Lueger, alles, was Sie vorher erwähnt haben, in dieses Behindertengleichstellungsgesetz hineinpacken wollen, dann muss ich Ihnen aber schon sagen, dass da vielfach auch eine Querschnittmaterie anzuwenden ist, dass eben Behindertengesetze Querschnittmaterien sind. Man kann doch nicht alles in dieses Gesetz mit hineinpacken. Da müssen wir das Ganze schon differenziert betrachten!

Da Sie auch die Behindertenmilliarde angesprochen haben: Diese hat diese Bun­desregierung erst eingeführt (Bundesrat Dr. Böhm: Richtig!) – und jetzt gleich zu verlangen, das zu evaluieren, das ist schon gut und recht, aber eingeführt haben es wir, und das war ein wichtiger Schritt, das muss ich hier schon betonen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist ein wichtiger Auftrag, und zwar sowohl für Behinderte als auch für Nicht-Behin­derte, gemeinsam am Abbau von Barrieren zu arbeiten. Die Barrierefreiheit nimmt im neuen Gesetz einen besonderen Stellenwert ein, denn bei sämtlichen Neubauten und Generalsanierungen im öffentlichen Bereich ist eine behindertengerechte Prüfung und Umsetzung erforderlich und angesagt. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Aber auch der private Bereich wird in diesem Gesetz mit einbezogen. – Für Gesamt­österreich ein solches Gesetz hinsichtlich Barrierefreiheit zu schaffen, das wird wahrscheinlich noch einige Zeit dauern. Zugegeben: Bei diesem Gesetz haben wir einige Übergangsfristen – und das ist, zugegeben, natürlich dieser angesprochene


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