Bundesrat Stenographisches Protokoll 724. Sitzung / Seite 110

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Die Tatsache, dass es keinen Beseitigungsanspruch für behinderte Menschen gegen Baubarrieren gibt, ist wieder ein Zeichen dafür, dass nicht verstanden wurde, dass es nicht darum geht, Schadenersatz einzufordern oder zu sagen: Entschuldigung, ich werde diskriminiert, weil ich nicht Zugang zu diesem Gebäude habe! – Es müsste eigentlich Standard sein, dass diese Barrieren ganz automatisch beseitigt werden, wenn einmal festgestellt wurde, es liegt eine Behinderung im Zugang vor. Das ist jedoch leider nicht der Fall.

Auch die Tatsache, dass Baurecht Länderkompetenz ist, wird die Sache einigermaßen verzögern, so befürchte ich. Ich hoffe, dass viel Energie darin investiert wird, schnell eine Einigung mit den Ländern zu finden, damit auch die Länder diese Regelungen möglichst bald umzusetzen beginnen.

Was das Verbandsklagerecht betrifft, möchte ich Folgendes sagen: Ich halte es nicht gerade für ein schlagendes Argument, dass diese Sitzungen ohnehin zweimal im Jahr stattfinden und das besser sei als kein Mal. Es ist gut, wenn diese Sitzungen statt­finden. Es ist auch schön, dass die Mitglieder dieses Bundesbehindertenbeirates zusätzliche Sitzungen einberufen können, aber allein, dass es diese Zweidrittel­mehrheit braucht, halte ich für eine weitere Hürde für den Zugang zu dieser Verbandsklage.

Dass der Bereich Bildung nicht einmal erwähnt ist, finde ich sehr bedauerlich. Es ist kein Recht auf Integration im vorschulischen Bereich oder nach der Schulpflicht gesetzlich verankert. Vor allem der vorschulische Bereich zum Beispiel bietet eine sehr gute Möglichkeit, gesellschaftsverändernd zu wirken. Kleine Kinder sind sehr offen dafür, sich aufeinander einzustellen. Integration im vorschulischen Bereich hätte große Chancen. Dass dieses Recht hier nicht verankert ist, ist sehr bedauerlich.

Bildung ist der Schlüssel zu einem selbstbestimmten Leben. Behinderten Menschen das zu ermöglichen, wird immerhin in § 1 des Gesetzes als Gesetzesziel genannt. Insofern hätte auch der Bereich Bildung viel stärker berücksichtigt und thematisiert werden müssen.

Ich habe schon erwähnt, es gibt kein Recht für behinderte Menschen, auf Unterlassung oder Beseitigung der Diskriminierung zu klagen, sondern nur auf Schadenersatz. Das halte ich nicht für ausreichend.

Es gibt natürlich einige Änderungen, vor allem im Bereich des Arbeits- und Zivilrechts, die positive Auswirkungen haben werden. Es gibt also etwas mehr Rechte, aber es ist immer noch ein langer Weg, bis wir wirklich davon reden können, in einer Gesellschaft zu leben, die für alle Menschen gleiche Chancen und gleiche Möglichkeiten bietet.

Die Chance, ein umfassendes und schlagkräftiges Gleichstellungsgesetz zu verfassen, wurde nicht genützt. Auch weiterhin werden Menschen mit Behinderungen auf Hilfe angewiesen sein, und sie werden nicht automatisch jene gesellschaftlichen Rahmen­bedingungen finden, die es bräuchte, um ihnen wirklich ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

15.13


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Weilharter. – Bitte.

 


15.13.18

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Werte Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Mit dem gegenständlichen Gesetz­entwurf, dem Behindertengleichstellungsgesetz, sollen – so denke ich – mehrere Ziele erreicht werden.

 


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