Bundesrat Stenographisches Protokoll 736. Sitzung / Seite 64

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Rechtsbestandes ist ja keine Deregulierung im engeren Sinne –, werden die Grenzen dessen sichtbar, was der Verwaltung selbst an Deregulierung möglich ist. Ohne Bewusstseinswandel bei den gesetzlichen und damit politischen Vorgaben bleibt das alles Sisyphusarbeit unter der erschwerten Bedingung eines immer größer werdenden Steines, denn es ist evident, dass der Rechtsbestand trotz aller Deregulierung ständig zunimmt.

Im Jahre 2001 wurde im Zuge der damaligen Verwaltungsreform ein eigenes, kurzes Deregulierungsgesetz beschlossen, das eigentlich einen ganz klaren Auftrag enthält. Ich zitiere: „Anlässlich einer geplanten Änderung eines Bundesgesetzes ist insbe­sondere zu prüfen, ob das zu ändernde Gesetz oder einzelne Bestimmungen ... noch notwendig und zeitgemäß sind oder ob die angestrebten Wirkungen nicht auch auf andere Weise erreicht werden könnten. Insbesondere ist bei der Vorbereitung der Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft darauf zu achten, dass die vorgegebenen Standards nicht ohne Grund übererfüllt werden. ... Alle mit der Vorbereitung von Akten der Bundesgesetzgebung betrauten Organe haben darauf Bedacht zu nehmen, die wesentlichen Auswirkungen von Gesetzen in finanzieller, wirtschafts-, umwelt- und konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht abzu­schätzen. Ebenso ist zu prüfen, ob der Vollzug der in Aussicht genommenen Regelung keinen übermäßigen Aufwand in der Verwaltung nach sich zieht.“ – So weit das nach wie vor in Kraft stehende Deregulierungsgesetz 2001.

Es bedarf keiner ausführlichen Erörterung, dass dieser Auftrag an die Regierung und die Selbstbindung des Gesetzgebers häufig unbeachtet bleiben, ja oft geradezu unbe­kannt sind. Das ist auch kein Wunder, weil der Wunsch nach Deregulierung rechts­politisch abstrakt und jener nach immer noch genaueren und umfassenderen Regelungen politisch sehr konkret ist. Wenn, wie vor einiger Zeit in einer Anfrage im Nationalrat geschehen, Abgeordnete eine eigene gesetzliche Regelung für das Recht auf Grabpflege fordern – der Hintergrund war, dass sich die Gattin und die Freundin eines Verstorbenen zunächst in die Blumen und dann in die Haare geraten waren (Heiterkeit bei der ÖVP) –, dann wird die Zwiespältigkeit aller Deregulierungsgelübde besonders gut sichtbar.

Der Verfassungsgerichtshof hat vor einigen Jahren an einer gesetzlichen Regelung bemängelt, dass ihr Sinn nur mit archivarischem Fleiß und einer Lust am Lösen von Denksportaufgaben erschlossen werden konnte. Beides war auch, diesmal im posi­tiven Sinne, bei der Erarbeitung des vorliegenden Deregulierungsgesetzes erforderlich. Dafür sagen wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Verfassungs­dienstes herzlichen Dank! (Allgemeiner Beifall.)

12.15


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Kampl. Ich erteile es ihm. (Ruf bei der ÖVP: Er ist nicht hier!)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch dies ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

 


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