BundesratStenographisches Protokoll744. Sitzung / Seite 67

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Österreich mit seiner international hohen Anerkennung hat es auch zuwege gebracht, dass wir in dieser Frage Vorbildwirkung haben. Kein Land der Welt ist so vorbild­wirkend wie Österreich in dieser Frage! Es war sicher nicht leicht für die Republik, es war sicher auch nicht leicht für die großzügigen Spenden, aber wir haben es geschafft, und wir haben es gemacht. – Und diese hohe Anerkennung beweist, welchen Stand wir als Europäer in der Welt haben.

Es ist so, dass wir in diesem Jahrhundert den letzten Teil der vor über 65 Jahren über uns hereingebrochenen Misere bewältigen müssen, und ich hoffe, dass das mit der heutigen Beschlussfassung des Bundesrates umgesetzt wird. In diesem Jahrhundert, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir aber auch ein zweites Kapitel zu bewältigen gehabt: das der Heimatvertriebenen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates, ich möchte Sie wirklich bitten, dass wir dieses Thema der Vertreibung, der Vergewaltigung, der Schändung, des Tot­schlags und des Raubes dieser Menschen auch diskutieren. – Ich gehöre zu dieser Generation, und ich habe das schon einmal hier in diesem Haus gesagt. Man hat versucht, es mir anders nachzusagen, aber, liebe Freunde, der Verfassungsdienst hat mir bestätigt, dass ich nichts Unrechtes gesagt habe, die politischen Parteien haben meine Worte nur anders ausgelegt; ich habe auch alle Verhandlungen gewonnen.

Liebe Freunde! Wer mich kennt, wer mich als Bürgermeister kennt, wer mich aus dem Landtag kennt, der weiß, dass ich immer für die Schwachen eingetreten bin, dass ich immer gegen die Ungerechtigkeit aufgetreten bin, und das werde ich auch in Zukunft tun. Daher sehe ich es als unsere Verantwortung, das Problem, das wir heute haben, mit Ernst und auch mit Sorge abzuschließen. Ich trage wirklich sehr hart daran, weil ich weiß, wie es solchen Menschen ergangen ist, denen man mit größter Brutalität letzten Endes bis zu ihrer Hinrichtung begegnet ist. Daher schmerzt mich das.

Aber auch der andere Teil – glauben Sie mir, liebe Freunde hier im Bundesrat – gehört hierher. Dabei handelt es sich um Menschen, die in Österreich, hier bei uns wohnen. Es gibt noch die Jahreshauptversammlungen, und interessanterweise treffe ich dort alle politischen Parteien. Jeder sagt, das ist Unrecht – nur: Wir reden nicht darüber! Daher möchte ich wirklich bitten, dass wir in aller Offenheit und ohne Vorbehalte über all das reden sollten. – Das wäre meine Zielsetzung.

Ich glaube, dass wir heute gemeinsam eine gute Entscheidung treffen und das positiv unterstützen. – Ich danke. (Beifall des Bundesrates Mitterer.)

12.47


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Kollege Kampl, es ist schon mehr­fach versucht worden, Ihnen zu erklären, dass Unrecht Unrecht ist. (Bundesrat Ing. Kampl: So ist es!) – Das ist die eine Sache. Aber es ist absolut unzulässig, das eine mit dem anderen aufzurechnen. (Bundesrat Ing. Kampl: Warum? – Bundesrat Reisenberger: Entweder man hat das Gewissen oder man hat es nicht!)

Es tut mir leid, ich kann jetzt, vor allen Dingen von diesem Platz aus, keine Diskussion mit Ihnen führen, ich würde nur wirklich ganz herzlich darum bitten, mit diesem Versuch der gegenseitigen Aufrechnung aufzuhören. Das hat hier keinen Platz.

Niemand bezweifelt das entsetzliche Leid, das Menschen widerfahren ist, die ver­trieben wurden. Dieses Leid gibt es auch heute noch. Es sind Millionen Menschen auf der Wanderung, weil sie aus ethnischen Gründen vertrieben werden. – Kein Mensch bestreitet dieses Leid, nur, bitte, es ist unvergleichbar mit dem Grauenhaften, das durch industrialisierten Mord zum Beispiel an 6 Millionen Menschen geschehen ist. Da gibt es kein gegenseitiges Aufrechnen! Ich bitte Sie, das zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und den Grünen.)

 


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