BundesratStenographisches Protokoll748. Sitzung / Seite 88

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Ausnahme fordert, dann wissen Sie vielleicht beim Nachdenklichwerden warum. (Bei­fall bei den Grünen.)

14.46


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Professor Konecny. – Bitte.

 


14.46.11

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann dem Kollegen Schennach einen vollen Erfolg zusichern: Ich bin sehr, sehr nachdenklich geworden – und das heute schon den ganzen Tag. Ich habe mich schon in der Früh zu wundern begonnen, wie die asylpolitische Kampfgemeinschaft Schennach/Mühlwerth argumentieren wird. Und ich bin angesichts der Rede in höchstem Maße nachdenklich geworden.

Herr Kollege Schennach, es mag ja im Augenblick opportun erscheinen, mit Zitaten die eigenen Standpunkte zu überdecken. Aber wir reden von einem Problem, das in vielfältiger Art und Weise für unser Land Bedeutung hat. Und ein bescheidenes Eingehen auf die Realitäten würde dem Thema nicht schlechttun. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesräte Mitterer, Mühlwerth und Ing. Kampl.)

Im Gegensatz zu dir maße ich mir weder an, über das letzte Heil von Kolleginnen und Kollegen Prognosen abzugeben (Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP.) – ich bin dafür auch in besonderem Maße unqualifiziert, ich gebe das schon zu, als nichtreligiöser Mensch will ich mich nicht einmischen. Aber wir sollten uns doch die gesamtgesellschaftliche Bedeutung der Gesetzeslage, die wir haben, und ihrer unglückseligen, bedrückenden Anwendung vor Augen führen.

Wir haben ja eine Asylgesetzgebung nicht als Mittel des Quälens von Menschen, sondern zur rechtlichen Ausgestaltung der Behandlung von Menschen, die bei uns um politisches Asyl im Sinne der Genfer Konvention ansuchen. Und ich darf in aller Bescheidenheit daran erinnern, dass Österreich mit seiner Anerkennungsquote von über 20 Prozent in der europäischen Spitzengruppe liegt. Deutschland kommt auf 1,7 Prozent, um nur eine Größenordnung zu nennen, Ungarn auf 0,3 Prozent. Das heißt, in einer langjährig entwickelten Praxis – und viele Bestimmungen, die heute dis­kutiert werden, gibt es seit einem Jahrzehnt oder länger – hat Österreich, hat auch unsere Verwaltung mit dem Asylrecht zu leben gelernt und es anzuwenden gelernt. Wir verkennen nicht die Mängel vor allem der Qualität der erstinstanzlichen Bescheide – keine Frage! –, aber die Anerkennungsquote spricht immerhin dafür.

Das Zweite ist, dass Asyl und Zuwanderung nicht zwei Seiten derselben Medaille sein können, sondern dass hier einerseits die Verbindung, die es gibt, gesehen werden muss, wir aber dennoch zwei Rechtsbereiche haben, die unterschiedliche Wege nach Österreich ebnen. Wer in dieses Land zuwandert, der wird nicht verfolgt. Es gibt keine Zuwanderungsgründe im Sinne irgendeiner Überprüfung.

Es gibt eine Bewerbung darum, und es gibt Quoten, von denen unsere Wirtschaft meint, dass sie ein wenig eng bemessen sind. Aber hier wird Menschen eine Ein­wanderungsperspektive – und etwas anderes ist es nicht – eröffnet.

Asyl ist zunächst einmal Schutz vor Verfolgung. Der Rekurs darauf, dass es vor zwei Generationen Menschen gegeben hat, die als Österreicher dieses Asyl in anderen Ländern dringend zu ihrem Überleben gebraucht haben, ist in absolutem Maße gerechtfertigt.

Wer Asylgründe vorbringt, der hat alles Recht auf eine Prüfung – und zwar eine durchaus wohlwollende Prüfung – der Asylgründe. Er lebt in einem Schwebezustand, solange sein Asylansuchen nicht genehmigt ist. Es ist auch ein Stück Menschlichkeit


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