BundesratStenographisches Protokoll755. Sitzung / Seite 83

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40, 20 oder 70 Prozent sind – wiederzugewinnen: im Sinne der Demokratie in Öster­reich. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

13.39


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Herbert. – Bitte.

 


13.40.02

Bundesrat Werner Herbert (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr ge­ehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Bundesrat! Werte Damen und Herren! Frau Kollegin Kerschbaum hat gerade die Begriffe „Transparenz in der Politik“ und „Glaubwürdigkeit von Politi­kern“ verwendet – ein guter Ansatz, aber leider praktisch nicht gelebt.

Wenn man dieser Tage mit den Menschen in unserem Land, mit der Bevölkerung ins Gespräch kommt und sie auf den Reformvertrag anspricht, dann bekommt man nahe­zu überwiegend immer die gleiche Rückmeldung, nämlich den Ärger über die Politik, über die Vorgehensweise, wie dieser Reformvertrag in der Bevölkerung umgesetzt wird, oder, anders gesagt, wie damit über der Bevölkerung „drübergefahren“ wird.

Das Problem an dieser Sache ist wohl auch das, dass gerade von Seiten der Regie­rung, aber auch der Grünen eine Argumentation verwendet wurde, die eigentlich an Überheblichkeit und Arroganz fast nicht zu überbieten ist. Man hat gesagt: Du, liebes Volk, bist zu dumm, dass du den Vertrag verstehst! (Bundesrat Schennach: Na! – Bundesrat Gruber: Das hat wortwörtlich niemand gesagt!) Du kennst dich nicht aus in diesem Vertrag! Und du hast daher auch nicht die Legitimation, darüber zu befinden! (Bundesrat Mag. Himmer: Das ist eine Ungeheuerlichkeit!) Und das machen wir, die Politiker, obwohl wir wissen – und da spreche ich wieder in erster Linie SPÖ, ÖVP und Grüne an –, dass ihr ... (Bundesrat Mag. Himmer: Sie sind der Erste, der von einem „dummen Volk“ spricht! Ich mache Sie darauf aufmerksam!)

Ich danke für den Zwischenruf, Herr Kollege! Ich weiß, bei der Antrittsrede ist das nicht üblich, aber es freut mich doch sehr, dass ich da den Punkt getroffen habe. (Zwischen­ruf des Bundesrates Dr. Kühnel. – Bundesrat Gruber: Man provoziert ja auch nicht so bei einer Antrittsrede!)

Man hat hier die Befürchtungen, die Sorgen der Bevölkerung nicht beachtet – wohl wis­send, dass vieles, was ihr im Vorfeld versprochen wurde, bereits beim Beitritt und auch in den Jahren danach nicht eingehalten wurde; ich erinnere an den „Ederer-Tausen­der“, ich erinnere daran, dass gesagt wurde, dass transitmäßig in Tirol alles besser werde, ich erinnere daran, dass die Lebenskosten generell günstiger werden sollten; all das ist nicht eingetroffen! Statt dass man argumentativ den Zugang zum Volk gesucht hätte, dass man versucht hätte, gerade über die Expertenmeinung, das Volk quasi auf die sichere Seite, auf die Seite der Befürworter zu ziehen, ist man von Seiten der Re­gierungsparteien, aber auch der Grünen, die diese Vorgangsweise wohl auch mitgetra­gen haben, einfach „drübergefahren“. Ich glaube, man hat damit der Politik als Ganzes keinen guten Dienst erwiesen. (Präsident Kritzinger übernimmt wieder den Vorsitz.)

In Zeiten, wo immer wieder von Politikerverdrossenheit gesprochen wird – ich betone ausdrücklich Politikerverdrossenheit, nicht Politikverdrossenheit, denn das Interesse an der Politik, meine Damen und Herren, ist nach wie vor sehr groß, aber man hat in der Bevölkerung kein Interesse an solchen Politikern, die nicht auf das Volk hören und die nicht das Anliegen des Volkes vertreten (Beifall der Bundesrätin Mühlwerth – Bundesrat Molzbichler: Das war das Volk! – Bundesrat Gruber: Das Volk hat geklatscht!) –, hat man der Politik als solches, nicht nur der österreichischen, son-
dern auch der europäischen Politik, einen schlechten Dienst erwiesen. (Bundesrat Mag. Klug: Das tut ihr heute auch!) – Nein, nein, das glaube ich nicht! Ich spreche das


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